Sie möchten einen Ast an Ihrem Baum entfernen, wissen aber nicht, wo genau Sie die Säge ansetzen müssen? Obwohl jede Schnittverletzung eine Belastung für den Baum darstellen kann, ist es manchmal nicht vermeidbar, Äste zu entnehmen. Damit Ihr Baum bei der Baumpflege keinen Schaden nimmt, lohnt sich für Gartenbesitzer und Fachmann ein genauer Blick auf die korrekte Schnittführung.
Denn ein fachgerechter Schnitt auf Astring beugt Sekundärinfektionen vor und erleichtert dem Baum das Überwallen der Schnittwunde.
Was genau ist eigentlich der Astring?
Als Astring bezeichnen Fachleute die Verdickung am Astansatz. Dieser Übergang zum Stamm kann auch Falten werfen. Der Astring entsteht durch eine innige Verzahnung von Ast- und Stammholz. Jedes Jahr wächst zuerst der Ast und nimmt an Dicke zu. Auch an der Astbasis, welche bis in den Stamm geht. Später im Jahr wächst auch der Stamm zu. Dieser wiederum schiebt sich über einen Teil des Astes. Es entsteht ein System aus Holzmaterial, welches in jeglicher Belastungsrichtung eine optimale Bruchsicherheit bietet.
Wird der Schnitt direkt vor dem Astring geführt, bleibt diese Verzahnung erhalten. Der Schnitt verletzt kein Stammmaterial. Der Baum überwallt schnell die Schnittstelle und schottet das Stammholz gegen eindringende Pilze und Bakterien ab. Gleichzeitig lagert der Baum Stoffe ins Holz ein, um eine Barriere gegen Eindringlinge zu bilden. Sobald die Wunde überwallt ist, sind die Schaderreger zwischen Schutzzone und Wundholz abgekapselt.
Vorbereitungsschnitt bei dickeren Ästen
Bei dickeren Ästen empfiehlt es sich, den Schnitt auf Astring mit einem vorgelagerten Schnitt vorzubereiten. Dicke Äste sind an ihrer Spitze sehr schwer. Oft bricht der Ast ab, bevor Sie den Schnitt fertig stellen. Das führt dazu, dass die Rinde teilweise bis an den Stamm einreißt. Eine ideale Eintrittspforte für Schaderreger.
Um den Druck vom Ast zu nehmen, wenden Sie den Stufenschnitt an. Schneiden Sie den Ast je nach Dicke 20 bis 30 Zentimeter vom Stamm entfernt an der Astunterseite ein. Der Schnitt in die Druckseite des Astes verhindert, dass die Rinde später einreißt. Schneiden Sie maximal bis in die Mitte des Astes, damit die Säge nicht im Schnitt einklemmt. Beobachten Sie die Astspitze! Bewegt sie sich nach unten, wird das Holz zusammengedrückt und die Säge im Sägespalt eingekeilt. Sie ist dann schwer aus dem Holz zu ziehen.
Anschließend setzen Sie Ihren zweiten Schnitt an der Oberseite des Astes an. Führen sie diesen Schnitt ein paar Millimeter näher zum Stamm aus, als den Schnitt an der Unterseite. Durch sein Eigengewicht bricht der Ast ab, sobald der Schnitt tief genug ist. Er reißt jedoch nur bis zum unteren Schnitt ein. Bricht der Ast nicht von selbst, helfen Sie nach. Führen Sie den zweiten Schnitt zügig bis mindestens auf Höhe der Einkerbung auf der Unterseite. Dann lässt sich der Ast mit der Hand durch auf und ab bewegen leicht abbrechen. Möchten Sie mehr Kontrolle über den Ast haben, führen Sie beide Schnitte vertikal. Schneiden Sie zuerst von der einen Seite, und dann leicht versetzt von der anderen Seite des Astes. Der Ast bleibt bis zum Schluss fest verankert und bricht erst durch hin und her bewegen ab.
Die Schnittführung auf Astring
Mit dem Vorbereitungsschnitt ist das größte Gewicht vom Ast genommen. Bei kleineren Ästen, wo keine Gefahr besteht, dass die Rinde einreißt, schneiden Sie den Ast gleich auf Astring. Setzen Sie direkt vor dem Astring an und schneiden Sie den Aststummel in einem Zug ab. Verhindern Sie, dass die Rinde einreißt, indem Sie den Stummel bis zum Schluss mit der anderen Hand festhalten. Aber Achtung: Wenn Sie mit der Motorsäge arbeiten, bleiben immer beide Hände an der Säge! .
Nach dem Schnitt
Keine Wunde ist vor Bakterien und Pilzen sicher. Sie befinden sich überall um den Baum herum und eine Infektion ist kaum zu verhindern. Früher setzten viele Baumpfleger und Gärtner auf Wundverschlussmittel. Sie wurden auf die Schnittfläche aufgetragen und sollten Infektionen verhindern. Heute ist wissenschaftlich bestätigt, dass diese Mittel nicht wirken. In der Tat bilden sie sogar ein perfektes Milieu für Erreger. Bei korrekter Schnittführung schottet sich der Baum schnell gegen Infektionen ab. Er überwallt die Wunde Stück für Stück und hilft sich selbst am besten.
Was passiert bei falscher Schnittführung?
Setzen Sie Ihren Schnitt zu tief an und verletzen Teile des Stammgewebes, breiten sich Pilzinfektionen schneller aus. Der Baum beginnt zwar sofort die Stelle zu überwallen, schottet sein Holz nach innen aber nicht schnell genug ab. An einige verletzte Stellen schreitet die Wundholzbildung nur langsam oder gar nicht voran. In unserem Beispielbild ist zu sehen, dass am unteren Rand keine Überwallung stattfindet. Die kleinen Risse zeigen an, dass hier bereits Pilze ins Holz eingedrungen sind.
Hilfe von grünen Profis
Es liest sich einfach, wie ein richtiger Schnitt auszusehen hat – aber ist es das auch in der Praxis? Über die Suchfunktion des Baumpflegeportals finden Sie schnell eine/n qualifizierte/n und erfahrene/n Baumpfleger/in. Diese Expertinnen und Experten wissen genau, wie und wo der Schnitt sitzen muss.
Besonderheiten bei der Arbeit mit der Motorsäge
Wenden Sie diese Technik mit der Motorsäge an, achten Sie darauf, den zweiten, versetzen Schnitt unbedingt näher am Stamm zu führen als den ersten Schnitt. Oft reißt der Ast ein klein wenig höher ab, als der Schnitt geführt wird. Dadurch entsteht eine Kerbe, in der sich die Motorsäge verkeilt. Bei Schnitten am stehen bleibenden Aststück, ist dies kein Problem. Schneiden Sie weiter weg vom Stamm als der Entlastungsschnitt besteht die Gefahr, dass der abbrechende Ast Ihnen die Motorsäge aus der Hand reißt. Eine Situation die nicht nur für Sie, sondern auch für Helfer und Bodenpersonal sehr gefährlich ist.
Die Autorin: Marina Leon
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Bei der Baumpflege sollten nur Äste mit kleinem Durchmesser entfernt werden, dafür wird dann keine Motorsäge benötigt. Ansonsten anschaulicher Artikel.
Lieber Phillpp, ja das stimmt, aber eben nur “sollte”. Wenn antropogene Zwänge dazu führen, daß eben doch vom Soll abgewichen werden MUSS (z.B. Lichtraumprofil wird zu spät geschnitten und sehr dicke Äste müssen dafür entfernt werden), dann nimmt ein normaler Mensch auch mal die Motorsäge zur Hand. Die neusten Modelle von TopHandle-Sägen sind so leicht und filigran, daß eine sehr saubere und exakte Schnittführung erreicht werden kann, vorausgesetzt sie ist scharf geschliffen.
Was passiert im gezeigten Beispiel, wenn man den Ast nicht bis zum Stamm zurückschneidet, sondern als Stummel lässt; wird das freiliegende Holz des abgesägten Astes auch überwallt und soll man dort auch kein Wundmittel drauftun?
Hallo Armando,
fachgerechter Schnitt bedeutet, dass kein Stummel stehen bleibt. Ein Stummel kann vom Baum nicht überwachsen werden und würde schnell mit Pilzen besiedelt werden und einfaulen. Daher sollten Sie Äste immer direkt am Stamm absägen. Sollte aus irgendeinem Grund doch ein Stummel stehen bleiben müssen, behandeln Sie diesen bitte nicht mit Wundschutzmitteln. Diese werden schnell spröde und bieten ideale Bedingungen für Pilze und Bakterien.
Der Baum versucht den Stummel abzuschotten. Ob das gelingt, ist nicht sicher.
Grüße – das Baumpflegeportal-Team
Mein alter Hochstamm-Apfelbaum wurde im April stark zurückgeschnitten. Mehrere dicke Äste kamen weg und auch kleine. Nun hat er keine Blätter mehr und sieht insgesamt wie vertrocknet aus.
Woran liegt das? Kann er sich tatsächlich wieder erholen, wie der Gärtner meint? Oder ist etwas falsch gemacht worden und ich kann mich darauf einstellen, dass er abstirbt?
Grundsätzlich sollte ein Gärtner beurteilen können, wie es um Ihren Baum steht. Für uns aus der Ferne ist es schwer, dazu eine Aussage zu treffen. Wenn Ihr Baum allerdings nun tatsächlich keinerlei Blätter mehr hat, dürften seine Überlebenschancen nicht gut aussehen. Ohne Blätter keine Photosynthese und daher auch keine Möglichkeit, neue gesunde Triebe auszubilden bzw. Kraftreserven anzulegen. Wie Sie schreiben, handelt es sich um einen bereits sehr alten Apfelbaum. Irgendwann ist die Zeit eines Baumes dann auch einfach abgelaufen. Wenn Sie aber ganz sichergehen wollen, kontaktieren Sie einen professionellen Baumpfleger aus Ihrer Region. Der ist dafür ausgebildet und kann direkt vor Ort eine zweifelsfreie Diagnose stellen.