Ein Riesenfoto vom Riesenbaum
Es klingt simpel, was das Tasmanian Tree Projekt 2016 plante und umsetze. Einfach ein Foto von einem der höchsten BĂ€ume der Welt machen, das ihn in seiner ganzen Pracht vom Stammansatz bis zur Krone zeigt. Das Fotomodel soll ein Rieseneukalyptus aus dem Styx Valley in Tasmanien, Australiens gröĂte Inseln im SĂŒdosten des Kontinents, sein. Ăber 90 Meter wachsen die Exemplare dieser Gattung aus dem Dschungel heraus, dem Himmel entgegen.
Und darin liegt das Problem des Projektes. Es ist unmöglich, durch das endlose Baummeer des Dschungels einen klaren, unverstellten Blick auf solch einen Riesen zu bekommen. Ein Portrait dieser Giganten kann nur aus vielen zusammengefĂŒgten Einzelbildern gelingen. Ein Aufzug zieht den Fotoapparat parallel zum Baum nach oben, um alle paar Meter ein Foto zu schieĂen. Um den Aufzug aufzubauen, bedarf es viel schweiĂtreibender Baumkletterei, Geschicklichkeit und Geduld.
Fotos: S. Pearce
Tasmanian Tree Projekt
Der richtige Baum fĂŒr das Tasmanian Tree Project
In einem Ă€hnlichen Projekt in Neuseeland, mit einem 41 Meter hohen Baum, sammelte die Mannschaft Praxiserfahrung. Die doppelte GröĂe des Rieseneukalyptus stellte sie jedoch vor neue Probleme. Auch wenn das Team fĂŒr seine Aufnahmen lediglich eine freie Sichtsachse von wenigen Metern benötigt, ist die Suche nach dem perfekten Baum nicht einfach. Zwar stehen im dichten Dschungel Tasmanien viele Eukalypten, aber drunter auch dichtgedrĂ€ngt unendlich viele âkleineâ BĂ€ume.
Als weiteres Problem benötigten Steven Pearce und seine Mitarbeiter noch einen zweiten Eukalyptus in der NĂ€he als Satellitenbaum. Denn zwischen den beiden muss ein Seil gespannt werden, an dem der Fotoaufzug installiert wird. Am Ende fiel die Wahl fĂŒr das Tasmanian Tree Projekt auf Gandalfâs Staff. 87 Meter hoch und ein Orientierungspunkt auf dem Tolkien Track. Der Baum lĂ€sst sich gut klettern und gerade einmal 60 Meter entfernt steht ein Ă€hnlich groĂer Eukalyptus. Dessen Krone besteht zwar aus zwei StĂ€mmen, lĂ€sst sich aber ĂŒber seine Hauptachse ebenfalls gut klettern.
Kletterblatt2017/2018
Dieser Artikel ist auch im Kletterblatt 2017/2018 erschienen, der Kurszeitschrift MĂŒnchner Baumkletterschule. Erscheinungsdatum 07.04.2017
Riesen-Eukalyptus
- Eucalyptus regnans
- Alter: bis 400 Jahre
- Höhe: circa 100 Meter
- höchster Laubbaum
- Höchster Baum: 99,4 Meter (aktuell), 132 Meter (historisch)
- Gerader Stamm, schmale Krone
- Ă€uĂerst SchnellwĂŒchsig
Klettern auf den höchsten Baumwipfeln
Der Aufbau der Seilkonstruktion, an der spĂ€ter die Kamera auffĂ€hrt, war fĂŒr die Crew eine echte Herausforderung. Der Aufstieg auf die riesigen BĂ€ume war fĂŒr die erfahrenen Baumkletterer noch keine groĂe Schwierigkeit. Die StĂ€mme der Rieseneukalypten sind gerade und lediglich ein paar Ăste und Zweige der umgebenden kleineren BĂ€ume stören den Aufstieg auf den ersten Metern. Ăber ein langes Kletterseil ging es bis an die ersten Ăste heran. Weitere Seile ĂŒber die Ăste erschlieĂen den Weg in die Krone. Erst einmal oben angekommen, offenbarte sich den Kletterern ein gigantischer Ausblick ĂŒber die Weiten des Dschungels und die herausstechenden HolztĂŒrme.
Fotos: S. Pearce
Tasmanian Tree Projekt
Seileinbau mit Hindernissen
Der nĂ€chste Schritt war der Einbau des Seils zwischen den BĂ€umen. Die Distanz zwischen den BĂ€umen lĂ€sst nur einen Einbau von beiden Seiten aus zu. Zuerst schleuderten die Kletterer die Leinen soweit wie möglich von den BĂ€umen weg. AnschlieĂend fĂŒhrte das Team diese am Boden zusammen. Mehr als drei Tage dauerte es, die Leinen durch das Dschungeldach mit seinen unzĂ€hligen, verzweigen Ăsten nach oben zu fĂŒhren. Ăber die Leinen bauten die Kletterer ein 20 Millimeter starkes Seil zwischen die BĂ€ume ein. Dieses auf 60 Meter LĂ€nge in 80 Metern Höhe zu spannen, forderte die ganzen KrĂ€fte der Crew.
Der lange Weg zum finalen Foto
Das Seil zwischen den BĂ€umen diente als Basis fĂŒr das Aufzugsystem. Diverse Seilrollen und 240 Meter Schnur zogen den Schlitten aus Holz und die Kameras neben dem Baum nach oben. Trotz guter Planung und akkuratem Einbau der Seile, dauerte es zwei Wochen, bis das System die perfekte Position eingenommen hatte. Nebel, TotĂ€ste, schwankende Zweige im Wind und viele Kleinigkeiten galt es zu bĂ€ndigen. Als alles perfekt war und endlich ein windstiller, sonniger Tag anbrach, konnte das Team vom Tasmanien Tree Projekt endlich mit dem Fotografieren beginnen. Aus 12.000 Aufnahmen wĂ€hlte Steven Pearce 87 Einzelbilder aus. Nach drei weiteren Wochen am Computer, entstand daraus das finale Riesenbild.
Die Welt hoch oben im Gipfel
Im Gegensatz zum feuchten Klima am moosigen Stammfuss, herrschen in den Kronen der EukalyptusbĂ€ume ganz andere Bedingungen. Durch Wind und Sonne ist es in den Kronen deutlich trockener und die Rinde der BĂ€ume ist ausgedörrt. Die Ăste sind teilweise dicker als die StĂ€mme der anderen BĂ€ume im Dschungel. Ăberraschenderweise fanden die Kletterer viele TrockenĂ€ste in den Kronen. In den AstansĂ€tzen bilden sich Mulden heraus, in denen sich verrottendes Material sammelt. Zusammen mit den vielen Höhlen und Spalten bilden sie einen Lebensraum hoch oben fĂŒr zahlreiche Pflanzen, Pilze und Tiere.
Weitere Fotomodelle gesucht
Das groĂe Foto des Rieseneukalyptus ist aufgenommen und fertig, das Projekt damit aber noch nicht am Ende. Das Tasmanien Tree Project wird von Wissenschaftlern begleitet und unterstĂŒtzt. Die nutzen die Gelegenheit der Aufstiege in die BĂ€ume fĂŒr ihre wissenschaftliche Arbeit. Auch 3-D Modelle und Filme sind geplant. Neben vielen Ausstellungen ĂŒber die bisherigen Expeditionen sind die Teammitglieder bereits auf der Suche nach neuen BĂ€umen. In Tawain, Borneo und Penang warten noch viele grĂŒne Riesenfotomodelle.
Der Autor: Jan Böhm
Quellen:
- Thanks to Tasmanian Tree Projekt
Das finale Bild
FĂŒr eine vergröĂerte Darstellung, einfach auf das Bild klicken und nach Herzenlust zoomen.
Quelle: S. Pearce
Tasmanian Tree Projekt