Geschichte, Nutzen und Pflege der Alleen

Wohl kaum ein Betrachter zeigt sich unbeeindruckt von der Wirkung einer schönen Baum-Allee. Um das Bewusstsein für den Schutz und Erhalt der immer weniger werdenden Alleen im Land zu stärken, kürt der BUND jeweils am 20. Oktober die Allee des Jahres. Titelträger 2023 ist die Lindenallee bei Havelberg (Sachsen-Anhalt). Denn die wunderschöne Lindenallee tritt gleich doppelt in Erscheinung (siehe Infokasten unten).

Vor allem im ländlichen Raum finden sich noch einige kleine und große, einseitige, beidseitige oder sogar doppelreihige Alleen. Ob uralt oder gerade frisch angelegt, Baum-Alleen erfüllen seit Jahrhunderten unterschiedliche Funktionen. Im Laufe der Zeit haben sich die Anforderungen an die Alleen allerdings verschoben.

Geschichte der Alleen

Alleen werden heute immer seltener, dabei waren sie früher ein beliebtes Mittel im Wegebau. Die zu beiden Seiten der Straße gepflanzten Bäume boten den Reisenden viele Vorteile. Ihre Wurzeln sorgten auch bei nassem Wetter für ausreichend Bodenstabilität und die eng zusammenstehenden Kronen boten Schutz vor Regen und Wind. Im Sommer erhöhte der Schatten auf den Straßen die Ausdauer von Pferd und Mensch. Im Winter boten die Stämme Orientierungshilfe und vereinfachten die Wegfindung.

Später, im 19. Jahrhundert, galten Alleen als Zeichen von Reichtum und Besitz. Mächtige Bäume säumten oftmals die Zufahrt zu Herrschaftshäusern und zeigten die Hoheitsgewalt des Menschen über die Natur. Viele in dieser Zeit gestaltete Parkanlagen enthielten Miniatur-Alleen mit unterschiedlichen Baumarten.

Definition

Nach Duden:

  • Eine Allee ist eine von hohen Bäumen dicht gesäumte Straße oder Parkweg.

Im Allgemeinen:

  • Im Allgemeinen ist eine Allee eine von beiden Seiten mit Bäumen begrenzte Straße oder Weg.

Fotos: Redaktion

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Zusatznutzen von Alleen

Die Vorteile der Alleen für Reisende und Anwohner gingen früher aber über ihre Vorzüge beim Wegebau hinaus. Die Bäume am Straßenrand hielten viele wertvolle Produkte bereit. Obstbäume als Alleebäume lieferten die sogenannte „Wegzehrung“. Eichen und andere Kopfbäume waren Lieferant für Brennholz, Honig, Streu, Kork, Futter oder Harz. Grund genug, Alleen rund um das Heimatdorf zu pflanzen.

Pflege von Alleen

Die Pflege von Alleen ist eine Wissenschaft für sich. Früher hatten Straßenbäume andere Funktionen als heute. Gerade die Art und Weise, wie sich die Reisenden unter den Kronen fortbewegen, veränderte sich im Laufe der Zeit stark. Durch Alleen, die früher von Menschen und Pferde genutzt wurden, preschen heute Autos und LKW. Die erhöhte Geschwindigkeit und die Abgase bringen Probleme mit sich. In der Folge sind eine regelmäßige und vor allem intensivere Pflege als früher notwendig.

Der Umgang mit Alleen früher

In den meisten Fällen pflegte niemand die Alleebäume und nur herabfallende Äste und umstürzende Bäume wurden beseitigt. Eine Ausnahme waren Alleebäume, welche die umliegenden Bauern und Bewohnern für ihre Zwecke nutzten. Entsprechend radikal waren die Eingriffe. Alle paar Jahre schnitten sie die Kronen der Bäume bis an den Stamm heran ab, um Reisig und Brennholz zu erhalten. Im kommenden Frühjahr trieben die Bäume aus den Stämmen neu aus und bildeten neue Kronen. Es entstanden die sogenannten „Kopfbäume“, die heute teilweise noch deutlich erkennbar sind. Diese intensive Nutzung hinterließ Spuren. Einerseits konnten die Bäume nicht höher werden, als es den Menschen möglich war, sie zu schneiden. Andererseits faulten die zahlreichen Schnittflächen mit der Zeit ein, was Kopfbäumen ein knorriges Aussehen mit vielen Höhlungen bescherte.

Die Zeit der Baumchirurgie

Der erste Schritt der heutigen Baumpflege war die „Baumchirurgie“. Dabei wurde vermehrt mit dem Stabilisieren von Höhlungen durch Eisenstangen gearbeitet, welche in das Holz geschraubt wurden. Auch das Ausschneiden von Wundrändern und Verfüllen von Höhlungen mit Beton gehörte zur „Wundbehandlung“. Diese Methoden schädigten den Patienten mehr als sie ihm halfen. In den 1980er Jahren löste die heutige Baumpflege die Baumchirurgie ab. Viele Sünden aus der Baumchirurgie lassen sich zum Beispiel an der Eichenallee in Seefeld nachvollziehen.

Fotos: Redaktion

Alleenpflege heute

Die moderne Baumpflege stützt sich auf die natürlichen Wuchsgesetze unserer Bäume, wobei sie die Verkehrssicherheit mit einbezieht. Wegen der Vorschriften zum Lichtraumprofil an Straßen besteht ein Großteil der Arbeit darin, die Stämme alter Alleebäume aufzuasten. Oft entstehen hier große Wunden, da die Bäume davor ungehindert wuchsen und dicke Äste ausbildeten. Zusätzlich schwächen die nachträglich asphaltierten Fahrbahnen die Bäume. Bodenverdichtung, versiegelte Wurzelflächen, steigende Abgase und Streusalz setzen den Alleen zu. Die Baumpflege übernimmt die Aufgabe, gefährliches Totholz zu entfernen und jeden einzelnen Baum regelmäßig auf dessen Standsicherheit zu untersuchen.

Gleichzeitig rückt der Naturschutz immer stärker in den Fokus und ist bei der Pflege zu berücksichtigen. Alte Alleen sind hervorragende Habitate für Vögel und Käferarten. Oft stehen sie daher auch unter Naturschutz. Zwischen Verkehrssicherheit und Naturschutz besteht jedoch ein schmaler Grat. Die Schwerpunkte in der Pflege sind bei jeder Allee individuell durch den Baumpfleger festzulegen. Alte und abgestorbene Bäume bleiben oft als Totholz stehen und bekommen gleichzeitig einen jungen Nachbarn gepflanzt, welcher später einmal dessen Platz in der Allee einnehmen soll.

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Die Experten für Bäume

Alleen entlang von Wegen und Straßen benötigen eine regelmäßige Kontrolle und Pflege. Die Experten für alle Fragen rund um den Baum und seine Pflege sind Baumpfleger und Baumgutachter. Auf dem Baumpflegeportal finden Sie schnell und gezielt den richtigen Ansprechpartner in Ihrer Nähe.

Alleen im 21. Jahrhundert

Die alten Funktionen der Alleen sind heutzutage nicht mehr gefragt. Der Wegweiser ist längst digital, die Wegzehrung nur selten notwendig und wenn, dann passt sie ins Handschuhfach. Der Bedarf an Kaminholz steigt zwar wieder, aber wird auf anderen Wegen bezogen. Wozu dann neue Alleen pflanzen?

Auch heute noch haben die Bäume am Wegesrand unerlässliche und wichtige Funktionen. Sie produzieren Sauerstoff, filtern Abgase und Schadstoffe aus der Luft und sind Lebensraum für zahlreiche Tierarten.

Fotos: Redaktion

Verlangsamung des Straßenverkehrs

Auch für den Autofahrer haben sie ihren Wert. Durch die Schattenspiele auf der Fahrbahn wird der Fahrer hinter dem Steuer in der Regel aufmerksamer. Das grüne Blätterdach kann eine positive Stimmung hervorrufen und lässt den einen oder anderen durchaus langsamer fahren. Die Bäume halten Schneeverwehungen ab und befestigen durch das Wurzelwerk die Erde am Straßenrand. Gerade Hänge müssten ohne Bäume mechanisch stabilisiert werden. Baumalleen weisen frühzeitig auf Kurven und Kreuzungen hin und zeigen schon von weitem an, wo eine Straße entlangläuft.

Zusätzlich dienen Bäume als Sicht- und Lärmschutz für Anwohner großer Straßen und verschönern die Landschaft. Als Trennelement zwischen Straße und Fuß- und Radweg dienen sie als zusätzlicher Schutz.

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Tourismus an Deutschen Alleen

Ein weiterer Aspekt zum Thema Alleen hat sich in den letzten Jahren verstärkt herauskristallisiert: der Tourismus. Wie am Projekt „Deutsche Alleenstraße“ erkennbar, sind Alleen als kulturelle Überreste sehr beliebte Sehenswürdigkeiten. Sie werten Städte auf und zeigen authentisch, wie Kulturlandschaften früher bewirtschaftet wurden. Die Organisation dahinter kümmert sich um den Erhalt alter Baumstraßen und legt Neupflanzungen an. Wer eine der zahlreichen Alleen in Deutschland besuchen möchte, informiert sich am besten bei den Alleen-Fans.

Fotowettbewerb „Allee des Jahres“

Seit 2008 findet jährlich am 20. Oktober der „Tag der Allee“ statt. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) richtet unter diesem Motto einen Fotowettbewerb aus. Aus allen Einsendungen wird die „Allee des Jahres“ gekürt. Damit macht der BUND unter anderem auf die deutschlandweite Gefährdung von Alleebäumen sowie auf die Bedrohung der biologischen Vielfalt aufmerksam.

Sie kennen die perfekte Gewinner-Allee? Dann senden Sie die vier schönsten und aussagekräftigsten Bilder Ihrer Lieblings-Allee jeweils bis zum 16. September des laufenden Jahres an den BUND-Mecklenburg-Vorpommern; Wismarsche Straße 152, 19053 Schwerin. Die Fotos dürfen nicht älter als ein Jahr sein. Teilnahmeberechtigt sind Privatpersonen, Vereine und Schulklassen. Nähere Infos gibt es unter: „Allee des Jahres: Wettbewerbsbedingungen“

E-Mail: alleen-mv(at)bund.net

Allee des Jahres 2023

Die Allee des Jahres 2023 ist eine außergewöhnliche Lindenallee in Sachsen-Anhalt. Wo Altmark und Prignitz aufeinandertreffen, ist das Gewinnerbild von Erik Peretzke aufgenommen worden. Die Allee verbindet Havelberg, die „Wiege der Prignitz“, mit dem Ortsteil Wöplitz. Für eine spezielle Stimmung auf dem Foto sorgen die mit Raureif behangenen Zweige der Linden inmitten von schneebedeckten Feldern. Das originelle Bild zeigt auf den ersten Blick eine Spiegelung, ist aber in Wirklichkeit eine Aufnahme der Gabelung zweier Alleen. „Nach früherem Brauch musste, so die Sage, jede Braut zwischen Havelberg und Wöplitz zu ihrer Hochzeit eine Linde pflanzen“, so der Fotograf. Heute hat die Allee eine Länge von etwa 1,3 Kilometern.

Foto: Erik Peretzke / BUND

Allee des Jahres 2022

Die Allee des Jahres 2022 ist eine Eschenallee. Alleen mit diesen wunderbaren, heimischen Bäumen sind in Deutschland mittlerweile eine Seltenheit geworden. Denn Eschen gehören wegen des Eschentriebsterbens seit Jahren zu den gefährdeten Baumarten und werden daher kaum noch angepflanzt. Schon gar nicht als Allee, um einen Totalausfall zu vermeiden. Die im Siegerbild gezeigte etwa 1200 Meter lange Eschenallee zieht sich wie ein grüner Tunnel malerisch durch abgeerntete Ackerschläge. Sie befindet sich südlich von Ribnitz-Damgarten in Mecklenburg-Vorpommern.

Foto: Karsten Kriedemann / BUND

Allee des Jahres 2021

Die Allee des Jahres 2021 ist eine Birkenallee im niedersächsischen Springe, kurz vor dem Ortsteil Mittelrode. Damit fiel die Entscheidung der Jury auf ein Winterbild. Mit dem Raureif auf den Zweigen und dem strahlend blauen Himmel im Hintergrund wirken die stattlichen Birken wie eingefroren in Zeit und Raum. Die 500 Meter lange Allee zieht sich mitten durch große Ackerschläge. Durch die karge Schneelandschaft wird der ökologische Nutzen von Alleen noch deutlicher. Sie bilden eine wertvolle Verbindung zwischen unterschiedlichen Biotopen.

Foto: Günther Wall / BUND

Allee des Jahres 2020

Die Allee des Jahres 2020 ist die Eichen-Allee in Brandenburg bei Seedorf. Sie liegt in der Nähe von Lenzen an der Elbe. Über 1,2 Kilometer zieht sich diese Allee durch große Ackerschläge. Kein anderer Strauch ist zu sehen. Die Jury sieht in dieser Allee die Verbindung zwischen verschiedenen Lebensräumen.

Foto: Anja Möller / BUND

Allee des Jahres 2019

Die Allee des Jahres 2019 ist die Rosskastanienallee von Eickelberg. Sie erstreckt sich von Eichhof nach Görnow. Die Rosskastanienallee ist nicht asphaltiert, sondern säumt eine schmale Straße aus Kopfsteinpflaster. Gerade die morgendliche Stimmung bewegte die Jury zu ihrer Entscheidung.

Foto: Heidi Sprenger / BUND

Allee des Jahres 2018

Eine Spitzahorn-Allee zwischen den beiden brandenburgischen Gemeinden Rüdnitz und Danewitz ist die Allee des Jahres 2018. Sie zeigt Gleichmäßigkeit aber auch Individualität, Ebenmaß und Charakter des einzelnen Baumes. In den Augen der Jury ist sie ein großartiger Schmuck für die Straße.

Foto: Dietmar Olonscheck / BUND

Allee des Jahres 2017

Im Jahr 2017 ist der Gewinner eine 1,5 Kilometer lange Ahorn Allee in Baden-Württemberg. Die Allee aus 160 Ahornbäumen hat eine beeindruckende und nachahmenswerte Geschichte. Für jeden Baum, den ein Bürger von Wernau für die neue Allee spendete, pflanzte die Stadt einen weiteren Baum.

Foto: Angelika Vetter / BUND

Die Autorin: Marina Winkler

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