
Die Rotbuche – Fagus sylvatica – ist Baum des Jahres 2022. Damit handelt es sich um ein absolutes Novum. Denn somit holt Deutschlands häufigster Laubbaum bereits zum zweiten Mal nach 1990 den Titel. Warum? Die Begründung der Baum des Jahres Stiftung macht Hoffnung. Laut Stiftungspräsident Stefan Meier habe die Rotbuche zwei wichtige Botschaften. Schäden durch klimatische Veränderungen und extreme Wetterereignisse zeigten sich mittlerweile zwar deutlich an den Altbäumen. Aber aktuelle Untersuchungen an Jungbäumen bewiesen: Diese fangen an, sich den Herausforderungen des Klimawandels anzupassen.
Deshalb ist Andreas Roloff, Professor für Forstbotanik an der TU Dresden und Mitglied im Baum des Jahres Kuratorium, durchaus optimistisch gestimmt: „Die alten Bäume sehen nicht gut aus, aber man darf daraus nicht schlussfolgern, dass die jungen es auch nicht packen.“
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Rotbuche – die Holzfarbe gab ihr den Namen
Verantwortlich für das Wörtchen „rot“ im Namen der Rotbuche ist die leicht rötliche Färbung ihres Holzes. Sie gehört zu den Kernholzbäumen mit unregelmäßiger Farbbildung. Dabei weisen die äußeren Ringe, das sogenannte Splintholz, eine blassgelbe Farbe auf. Die charakteristische Rotkernbildung setzt bei der Rotbuche dann typischerweise ab einem Alter von etwa 80 Jahren ein. 80 bis 100 Prozent der Bäume, die älter als 150 Jahre alt sind, sind in der Regel rotkernig. Im Allgemeinen wird der diesbezügliche Namenszusatz jedoch weggelassen, weil die Rotbuche die einzige in Mitteleuropa vorkommende Buchenart ist.
Deutschland – ein Land der Buchenwälder
Man findet die Rotbuche, den Baum des Jahres 2022, von Südengland über Frankreich und ganz Mitteleuropa bis hin zur Westukraine. Nördlich reicht ihr Verbreitungsgebiet hinauf bis Südskandinavien, südlich von Zentralspanien über Korsika und Italien bis zur Balkanhalbinsel. In den südlichen Gefilden ist sie allerdings nur in den Höhenlagen der Gebirge anzutreffen. Mit einem Anteil von etwa 15 Prozent ist die Rot-Buche oder Waldbuche der häufigste Laubbaum in Deutschlands Wäldern. Die größten deutschen Buchwälder finden sich in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen.
Rotbuche – Zeigerpflanze für feucht-gemäßigtes Klima
Grundsätzlich schätzt die Rotbuche feucht-gemäßigtes Klima. Sie benötigt für gutes Gedeihen einen Jahresniederschlag von mehr als 650 Millimetern. Die durchschnittliche Jahrestemperatur sollte bei etwa 8 Grad Celsius liegen. Daher gilt der Baum des Jahres 2022 als Zeigerpflanze für atlantisches Klima. Die Rotbuche bevorzugt gut durchlässige, nährstoffreiche, schwach saure bis kalkreiche Sand- bzw. Lehmböden. Gerade die jungen Bäume sind relativ schattentolerant, mit höherem Alter benötigen die Bäume jedoch mehr Licht.
Fagus sylvatica – Imposanter Baum mit dichter Krone
Eine Rotbuche ist ein sehr mächtiger, dicht belaubter, sommergrüner Baum. Man findet sie als Solitär, Park- und Alleebaum. Die Rotbuche, Baum des Jahres 2022, kann gut im Schatten stehen, ist sehr stand- und einigermaßen windfest, durchschnittlich frosthart, aber empfindlich gegenüber Boden- und Lufttrockenheit. Eine Rotbuche wird durchschnittlich 300 bis 400 Jahre alt. Die Krone ist oft dicht verzweigt und blickdicht, der Hauptstamm in der Regel gerade. Die normale Wuchshöhe beträgt etwa 20 bis 30 Meter. Einzeln stehende Bäume können schon mal bis zu 45 Meter hoch werden.
Im Winter trägt die Rotbuche Trockenlaub
Das Blatt der Rotbuche ist glatt, glänzend und dunkelgrün. Es ist oval und läuft am Ende spitz zu. Diese leicht eiförmige, elliptische Form ist charakteristisch für Buchengewächse. Das Besondere: Im Winter behält der Baum des Jahres 2022 den größten Teil seines Laubs. Es hängt dann braun und trocken bis zum Frühjahr an den Zweigen. Das macht die Art attraktiv als Heckenpflanze, da auch während der kalten Jahreszeit ein natürlicher Sichtschutz besteht. Die Rinde ist glatt und silbergrau, oft etwas genarbt. Der Herz- und Flachwurzler weist die höchste Feinwurzeldichte aller europäischen Baumarten auf.
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Bucheckern dienten in Hungerszeiten als Nahrungsersatz
Die Rotbuche blüht ab einem Alter von etwa 30 bis 50 Jahren. Die kleinen, eher unauffälligen männlichen und weiblichen Blütenkätzchen sind jeweils am selben Baum zu finden. Sie erscheinen zeitgleich mit dem Laubaustrieb von April bis Mai. Die Früchte der Rotbuche, die typischen dreieckigen Bucheckern, treten in weich-dornigen Kapseln auf. Sie sind eine wichtige Nahrungsquelle für viele Vögel, Wildschweine aber auch Kleintiere wie Mäuse und Eichhörnchen. Aber Vorsicht: Die in Bucheckern enthaltenen Stoffe Oxalsäure und Fagin sind giftig für Pferde und Menschen. Erhitzen, beispielsweise leichtes Rösten, kann diese Giftstoffe abbauen. Derart behandelt sind sie recht gut verträglich. So dienten Bucheckern in früheren Hungerzeiten tatsächlich oft als Nahrungsersatz.
Blutbuche – Rotbuche mit roten Blättern
Eine besondere und sehr attraktive Form der Rotbuche, des Baumes des Jahres 2022, ist die sogenannte Blutbuche. Hier herrscht bei Laien mitunter Verwirrung. Denn bei der Blutbuche handelt es sich um eine Mutation der Rotbuche. Und im Gegensatz zur Rotbuche, auch Gemeine Buche genannt, hat die Blutbuche tatsächlich rote Blätter. Wegen dieses charakteristisch tiefroten Laubs wird sie deshalb auch als Purpurbuche (Fagus sylvatica f. purpurea) bezeichnet.
Zweite Runde für Baumkönig Nikolaus Fröhlich
Gemeinsam mit dem Baum des Jahres wird von der Dr. Silvius Wodarz Stiftung stets ein neuer Baumkönig beziehungsweise eine Königin ausgerufen. Im Jahr 2022 darf ausnahmsweise der amtierende Regent Nikolaus Fröhlich zum zweiten Mal antreten. Diese Sonderregelung ist der Tatsache geschuldet, dass während der Coronakrise viele Veranstaltungen ausfallen mussten. Der Student der Landschaftsarchitektur und Landschaftsplanung schätzt die vielseitige Rotbuche für ihre unzähligen Facetten: „Ich freue mich darauf, als Botschafter so viele wie möglich davon zu entdecken und zu beleuchten!“
Übrigens: Der Gehstock des Deutschen Baumkönigs ist ein sicherer Hinweis auf den Baum des Jahres. Denn der aus Esche gefertigte Stock trägt eine austauschbare Kugel aus dem Holz des jeweiligen Jahresbaumes. Mit einem Gewinde versehen lässt diese sich auf den Stock aufschrauben. Sie wird jedes Jahr extra angefertigt. So ist der Baumkönig mit einer wahrhaft präsentablen Insignie ausgestattet. Im Jahr 2022 schmückt eine Kugel aus dem Holz der Rotbuche den Gehstock des Regenten.
Holz der Rotbuche vielseitig verwendbar
Es gibt nicht nur etwa 250 Buchenarten, sondern Experten zufolge ebenso viele unterschiedliche Verwendungsbereiche für Buchenholz. Das Holz ist sehr feinporig und gleichmäßig gemasert. Zu den Haupteinsatzbereichen zählt deshalb die Möbelproduktion. Ob als Massivholz, Sperrholz, Formsperrholz oder Formschichtholz – es eignet sich hervorragend zur Herstellung von stark beanspruchten, widerstandsfähigen Gebrauchtmöbeln. Aber auch ein traditionsreiches Designerstück ist aus dem Holz der Rotbuche: der Thonet-Stuhl. Der Bopparder Tischlermeister Michael Thonet erfand 1830 ein spezielles Biegeverfahren, nach welchem diese berühmten Stühle noch heute aus dampfgebogenen Buchenhölzern gefertigt werden.
Der Rotbuche verdankt das Buch seinen Namen
Wissenswert: Dass die Buche so häufig verbreitet ist in Europa, schlug sich tatsächlich auch in der geografischen Namensgebung nieder. So tragen viele Ortschaften und Landschaften den Bestandteil „-buch“ im Namen. Zudem verwundert es nicht, dass für die ersten beschrifteten Holztafeln seinerzeit ebenfalls dieses reichlich verfügbare Holz verwendet worden ist. Manche Historiker gehen deshalb davon aus, dass in der Nutzung solcher zusammengehefteter Tafeln der Ursprung für das heutige Wort „Buch“ zu finden ist.
Warum hat die Rotbuche den Titel verdient?
Eins noch: Nur, weil die Rotbuche, der Baum des Jahres 2022, so weit verbreitet ist, heißt es nicht, dass es ihr immer und überall gut geht. Auch sie bekommt mehr und mehr die Zeichen des Klimawandels zu spüren. Besonders die langen Dürreperioden in den vergangenen Jahren in ganz Europa haben oft zu Verlusten im Feinwurzelbereich und damit verbundener Schwächung der Bäume geführt. Die Bäume sind in der Folge anfälliger für Krankheiten, Schädlinge und Pilzbefall. Deshalb ist Achtsamkeit gefordert auch in Bezug auf die Rotbuche. Denn gerade weil sie für uns so selbstverständlich scheint, sollte jedem klar sein, dass sie es keinesfalls ist. Der Titel „Baum des Jahres 2022“ rückt sie deshalb zu Recht ins Zentrum der Aufmerksamkeit: Herzlichen Glückwunsch!
Steckbrief Rotbuche
(Fagus sylvatica)
Familie: Buchengewächse (Fagaceae)
Gattung: Buchen
Standort: bevorzugt sonnig, halbschattig
Wuchs: Baum; 25 bis 45 Meter
Krone: blickdichte, weit verzweigte Krone; gerader Stamm
Blüten: einhäusig; Blütenbüschel hängend (männl.) und aufrecht (weibl.); blüht von April bis Mai
Blatt: glatt, breit elliptisch, leicht gesägter Rand; wechselständig
Frucht: dreieckige Buchecker; braune Fruchthülle mit 2 bis 4 Nüssen
Rinde: silbergrau, oft vernarbt
Wurzel: Herz- oder Flachwurzler
Standort: warm, sonnig bis halbschattig
Boden: nährstoffreich, frisch bis feucht, gut durchlässig, kalkreich
Durchschnittsalter: 300 bis 400 Jahre
Vorkommen: Mitteleuropa bis zur Westukraine; Südeuropa in den Gebirgslagen; Südskandinavien
Besonderheit: trockenes Laub bleibt größtenteils im Winter am Baum, daher Nutzung für Hecken
Tipp: empfindlich gegenüber Industrieabgasen, Salz und Bodenverschmutzungen
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