Kappungen sind keine sinnvolle Lösung
Sie haben richtig erkannt, dass die Schnittmaßnahme an Ihren Eichen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht fachgerecht war. Das lässt sich aufgrund des Bildes vermuten. Vermutlich wurden die Eichen nur gekappt, weil der Vorbesitzer Angst vor herabfallenden Ästen hatte. Diese Angst ist aber meist unbegründet, beziehungsweise kann das Risiko von erfahrenen Baumpflegern gut eingeschätzt werden. Mittels SKT (Seilklettertechnik für das Klettern in Bäumen) ist es sehr leicht möglich, die gesamte Krone zu inspizieren.
Schutz vor Astbruch
Meist reichen ein paar kleinere Schnittmaßnahmen aus – vor allem bei Eichen – um die Gefahr von Astausbrüchen deutlich zu minimieren. Zum Teil kann man auch durch den Einbau von verletzungsfreien Kronensicherungen dieser Gefahr begegnen.
Natürlich muss man auch sagen: Absolute Sicherheit gibt es bei Bäumen nie. Ein Restrisiko bleibt immer. Der Vorbesitzer wollte oder durfte die sicherste Lösung (= Bäume entfernen) nicht wählen und hat eine andere, vermeintlich sichere Lösung und weit verbreitete Maßnahme gewählt, nämlich Starkäste durch Kappung zu reduzieren.
Kappungen sind eine Kapitulation
Ich selbst halte solche Kappungen für eine Kapitulation. Mein Anspruch als Baumpfleger ist höher. Von dem einmal abgesehen bringt eine Kappung subjektiv gesehen in den Anfangsjahren nach der Kappung im Allgemeinen durchaus erst einmal mehr Sicherheit. Es dauert eine Weile, bis der Stamm aushöhlt, die Vitalität (sichtbar am Neuzuwachs) kann durchaus bestens sein – auch nach solch einer Radikalmaßnahme. Die Probleme holen den Baumbesitzer aber sehr schnell ein. Denn die jungen, vitalen Triebe werden ihrerseits schnell zu starken Ästen. Diese brechen nun immer leichter aus, weil die Kappungsstelle weg fault. Genau deshalb finden Sie bei Ihren Bäumen immer wieder herabgefallene Äste. Die Folge: Die so behandelten Bäume müssen zunehmend gepflegt, permanent nachgeschnitten und intensiver kontrolliert werden. Die Astanbindungen sind nicht mehr stabil. Die vermeintlich geringere Gefahr erkauft man sich bei Kappungen mittel- bis langfristig mit zunehmendem Pflege- und Kontrollaufwand.
Was passiert bei Kappungen?
Betrachten Sie einen einjährigen Ast mit seitlichen Knospen. Diese Knospen treiben zu Ästen aus. Die neuen Äste verzahnen sich an der Ansatzstelle mit dem Dickenwachstum des letztjährigen Astes (beziehungsweise späteren Stamms), aus dem sie entsprungen sind. Diese neuen Äste haben ihrerseits wieder Knospen. Diese treiben aus usw. Nach vielen Jahren hat sich die ursprüngliche Astgabel vielfach verzahnt und das von Anfang an. Mit jedem Jahrring wird die Astverbindung stabiler (siehe Abbildung).
Diese Äste nenne ich „Primär-Äste“, weil sie von Anfang an Teil des Systems waren. Kappt man einen Baum, dann treiben Neutriebe aus der äußeren Baumschicht aus schlafenden Augen aus (Proventiv– und Adventivknospen). Diese neuen Äste sind nun nicht mehr von Anfang an verzahnt, sondern sitzen außen auf (Sekundär-Äste). Erst nach vielen Jahren wäre eine Verzahnung wieder einigermaßen stabil, wenn nicht der Ursprungstammkopf von innen heraus ausfaulen würde. Sekundär-Äste sind somit per se gefährlicher. Wann immer möglich, sollte man Primär-Äste erhalten – zumindest an den entscheidenden Hebel-Stellen (= statisch wichtige Astgabeln).
Maßnahme im konkreten Fall
Für Ihre Eichen bleibt nur, die Kappungsstellen im Turnus von drei bis fünf Jahren (je nach Einschätzung eines erfahrenen Baumpflegers vor Ort) am Stammkopf nachzuschneiden. Dabei werden die starken Äste entfernt und auf jüngere Äste vereinzelt. Das Kronenausmaß sollte kompakt gehalten werden. Man kann trotzdem einen annähernd natürlichen Habitus hinbekommen. Die Art des Schnittes ähnelt einem Strauchschnitt (sehr vereinfacht ausgedrückt).
Alternativ kann man überlegen, eine neue Krone aufzubauen. Dies halte ich bei Ihnen aber nicht für sinnvoll. Diese Maßnahme bietet sich nur an, wenn noch genügend Primär-Äste als Kronengerüst zur Verfügung stünden. Das kann ich jedoch bei den Bäumen auf Ihrem Bild nicht ausmachen. Eine neue Krone aus Sekundär-Ästen wäre keine gute Idee. Denn bei Ihren Bäumen handelt es sich nicht um kleine Obstbäume, bei denen ausbrechende Äste keine Schäden verursachen und die leicht unter Kontrolle gehalten werden können. Würden Ihre Eichen nicht direkt an einem öffentlichen Weg stehen und die Äste über das Hausdach ragen, könnte man insbesondere bei Eichen durchaus etwas mehr Vertrauen in Sekundär-Äste haben (Pauschal-Aussagen sind natürlich immer so eine Sache). Das ist immer eine Gefahren-Abwägung.
Der richtige Schnittzeitpunkt
Da es sich bei der von mir empfohlenen Maßnahme nur um Pflegeschnitte handelt, ist der Schnittzeitpunkt nicht so entscheidend. Ich empfehle, nicht in der Zeit von Sommer (August) bis Februar zu schneiden. Am Ende der Vegetation würde man die besonders für ältere Bäume wichtige Reservestoffeinlagerung reduzieren. Je früher man im Winter schneidet, desto länger sind die Schnittstellen ungeschützt der Kälte ausgesetzt (Wundabschottung reduziert, Versorgungsschatten werden größer). Je weniger geschnitten wird, desto kleiner die Schnittstellen und je vitaler der Baum, desto unbedeutender wird der Schnittzeitpunkt.
Was tun mit mulmgefüllten Höhlen am Stammfuß?
Noch eine Anmerkung zu den von Ihnen erwähnten hohlen Stellen bzw. mit Mulm gefüllten Löchern am Fuße der Eichen. Das ist eine etwas heikle Situation. Am Stammfuß entscheidet sich, ob ein Baum noch standsicher ist. Je höher der Hebel, desto gefährlicher wird es. Was können Sie tun? Nichts – leider. Früher glaubte man, „krankes“ und „faules“ Holz müsse bis hinein ins gesunde Holz entfernt werden. Das hat sich aber als Irrtum herausgestellt. Einige Jahrzehnte hat die Baumpflege mit dem Aushöhlen von Bäumen, dem Setzen von Drainage-Röhrchen, dem Zumauern von Höhlungen etc. viel Geld verdient. Die Hoffnung war, man könne dem Baum durch „chirurgische“ Maßnahmen helfen. Das Gegenteil ist der Fall. Lassen Sie die Höhlungen, wie sie sind.
Wichtig: Standfestigkeit regelmäßig kontrollieren
Aber ganz wichtig ist: Sie müssen die Standfestigkeit beobachten und kontrollieren – und das jährlich. Sie sind für die Verkehrssicherheit Ihrer Bäume verantwortlich. Die Standsicherheit kann man zum Beispiel durch eine spezielle Zugversuchs-Methode ermitteln. Neben den messtechnischen Erhebungen müssen die Wurzelanläufe begutachtet werden, die Baumvitalität, Grad der Höhlung u. v. m. Das sollten Sie kompetenten Baumgutachtern überlassen. Die Erst-Untersuchung dürfte etwas teurer werden. Die Folgeuntersuchungen sind dann sicherlich nicht mehr ganz so aufwendig.
Schlusswort
Kappungen der Krone, aber auch von Wurzelanläufen haben immer negative Auswirkungen auf das System Baum – mit den entsprechenden Folgekosten. Durch Kappungen wird die Lebensdauer von Bäumen reduziert. Sie sterben aber meist nicht sofort. Viele Bäume sterben langsam – dazu gehören auch die Eichen. Schön für die Natur, aber auch teuer für den Besitzer. Es wird Zeit, dass gute Baumpfleger Alternativen aufzeigen und sichtbar machen, wie guter Baumschnitt aussieht.
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