Das Wort Mykorrhiza setzt sich aus den griechischen Wörtern für „Pilz“ und „Wurzel“ zusammen. Und damit ist vieles schon gesagt. Denn bei der Mykorrhiza handelt es sich um einen Zusammenschluss zwischen Pilzen und Bäumen, genauer gesagt den Wurzeln der Bäume. Sie tauschen untereinander Nährstoffe aus und profitieren beide von dieser Symbiose.
Allgemeines zu Bäumen und Pilzen
Die Wurzeln der Bäume haben unterschiedliche Funktionen. Sie bieten dem Baum halt im Boden und lassen ihn oberirdischen Einflüssen wie Wind, Sturm oder Starkregen trotzen. Gleichzeitig verzweigen sich die Wurzeln so fein, dass sie in der Lage sind, Nährstoffe und Wasser aus dem Boden aufzunehmen. Diese braucht der Baum, um wichtige Lebensfunktionen wie die Photosynthese durchführen zu können.
Der Baum kann jedoch nur in den Bereichen Nährstoffe gewinnen, in die seine Wurzeln vordringen. Manche Stoffe sind somit für den Baum nicht erreichbar, da sie zu tief in der Erde liegen, oder an seinem Standort nicht vorkommen. An dieser Stelle kommen die Pilze ins Spiel.
Pilze leben zum Großteil unterirdisch. Die Pilzkörper, die wir im Herbst für unsere Soßen sammeln, machen nur einen geringen Teil ihrer Masse aus. Das Myzel, also die feinen Wurzeln der Pilze erschließen riesige Bodenflächen und erstrecken sich je nach Pilzart über mehrere Kilometer. Durch dieses große Pilzgeflecht in der Erde, nehmen sie deutlich mehr Nährstoffe auf als ein Baum. Das Pilzmyzel ist so fein, dass es auch in Ritzen von Steinen eindringen kann. Es entsteht ein dichtes, watteartiges Geflecht, das fast alle Orte im Boden besiedeln kann.
Was ist eine Mykorrhiza?
Unter einer Mykorrhiza versteht man die Verbindung zwischen Baum und Pilz. Genauer gesagt handelt es sich um eine Wurzel, welche von einem Pilzmyzel besiedelt wird. Dazu umwächst der Pilz eine Wurzel und dringt in sie ein. Diese Verbindung wirkt nun wie eine Tauschbörse. Der Pilz liefert an den Baum Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff. Im Gegenzug verlangt er von seinem Baum Zucker aus der Photosynthese. Diesen kann der Pilz nicht selber produzieren, da er keine grünen Pflanzenteile mit dem dafür nötigen Chloroplasten besitzt.
Durch diese Symbiose haben beide Partner einen enormen Vorteil. Viele Bäume könnten ohne die hilfreichen Pilze nicht auf ihrem Standort überleben. Auch junge Keimlinge gehen bereits in den ersten Tagen ihres Lebens mehrere Verbindungen mit Pilzen ein um sich einen Startvorteil zu verschaffen.
Funktionen von Mykorrhiza-Pilzen
Neben dem erwähnten Nährstoffaustausch haben Mykorrhiza-Pilze weitere Vorteile. Sie schützen den Baum beispielsweise vor schädlichen Schwermetallen. Der Baum würde Schadstoffe einfach über seine Wurzel aufnehmen. Die Pilzhyphen filtern diese Stoffe aus und geben nur „gute“ Stoffe an den Baum weiter. Der Pilz speichert die Schadstoffe in seinen Fruchtkörpern. Diese fallen uns im Herbst oft beim Pilzesammeln in die Hände und landen kurz darauf auf dem Teller. Was für den Baum gut ist, ist für uns schnell problematisch. Ähnlich verhält es sich mit radioaktiven Stoffen. Noch heute gibt es Waldgebiete, in denen die vorkommenden Pilze auf Grund der hohen Belastung nicht zum Verzehr geeignet sind.
Zusätzlich haben Pilze eine hohe Toleranz gegenüber Stressfaktoren. Sie arbeiten auch bei Frost und Schädlingsbefall munter weiter und liefern dem Baum somit einen Konkurrenzvorteil in schlechten Zeiten. Durch die Einlagerung von Antibiotika und Gerbstoffen im Pilzmyzel und der Baumwurzel, schützt der Pilz sich und seinen Baum wirksam vor Pathogenen im Boden. Ohne diese vorbeugende Behandlung wäre es den Bäumen kaum möglich, sich gegen Schädlinge im Wurzelbereich zu schützen.
Mykorrhiza-Bildung
Die Pilzfäden umhüllen die Feinwurzeln des Baumes und dringen in sie ein. Dadurch werden deren Wachstum und die Ausbildung von Wurzelhaaren gestoppt. Der Pilz übernimmt nun die Aufgaben der eigentlichen Wurzelhaare und versorgt den Baum mit Nährstoffen und Wasser. Nach maximal zwei Vegetationsperioden stirbt die Mykorrhiza ab. Nun kann die Wurzel weiterwachsen oder neu besiedelt werden.
Mykorrhiza-Typen
Die Endomykorrhiza kommt vor allem bei krautigen Pflanzen vor, aber auch bei einigen Holzpflanzen wie der Eibe oder dem Ginkgo. Hauptvertreter dieser Mykorrhiza ist die Orchidee. Eine Pilzspore dockt an die Wurzel an und wächst in die Rindenzellen der Wurzel ein. Dort bildet sie ein Vesikel aus Hyphengeflecht. Der Hyphenmantel um die Wurzel fehlt, wodurch die Wurzelhaare weiterwachsen können. Der Vorteil dieser Verbindung ist ein sehr schneller Austausch der Stoffe direkt in den Zellen.
Die Ektomykorrhiza ist die für Bäume wichtigste Art der Baum-Pilz-Symbiose. Der Pilz legt ein dichtes Geflecht an Myzel um die Wurzel und dringt nur zwischen den einzelnen Baumzellen in die Wurzelspitze ein. Der Hyphenmantel um die Wurzelspitze übernimmt nun den Wasser- und Nähstoffaustausch. Wurzelspitze und Wurzelhaare können in dieser Zeit nicht mehr wachsen, was allerdings auch nicht nötig ist, da der Pilz einen viel größeren Bereich erschließt, als die Wurzelhaare es könnten.
Beispiele für gute Pilz-Baum Beziehungen
Fichten-Reizker, Butterpilz | Fichte |
Birkenröhrling | Birke |
Goldröhrling | Lärche |
Steinpilze | Buche, Eiche, Fichte, Kiefer |
Pfifferling | Weiß-Tanne |
Kein Wald ohne Mykorrhiza
Durch den hohen Schadstoffeintrag aus der Luft ist nachgewiesen, dass die Zahl der Mykorrhiza Pilze stark abnimmt. Dadurch stellt sich die Frage, ob Wälder überleben, falls die Pilze irgendwann verschwinden. Diese Frage ist schwer zu beantworten. Klar ist, dass der Wald ohne die Pilze gänzlich anders aussähe. Er müsste ohne den Zuschuss an Nährstoffen und Wasser, ohne die Abwehr von Erregern im Boden und ohne die hohe Toleranz gegen Umwelteinflüsse bestehen lernen.
Pilze wachsen nur im Wald
Genau wie viele Baumarten nicht ohne Pilze wachsen, gedeihen Mykorrhiza-Pilze nicht ohne ihre Baumpartner. Der Versuch, die schmackhaften Steinpilze außerhalb des Waldes zu kultivieren scheiterten, da die Pilze ohne ihre Verbindung zum Baum keine Fruchtkörper ausbilden.
Erste Hilfe für die Pilze
Der Rückgang der Mykorrhiza-Pilze im Waldboden ist eine ernste Sache. In der Forstwirtschaft gibt es deshalb unterschiedliche Methoden, den Pilzen bestmögliche Grundlagen zu bieten. Dunkle Altbestände werden Stück für Stück aufgelichtet, um die Bildung von Fruchtkörpern zu erleichtern. Nach einem Sturm bleiben Jungbäume als „Anker“ für Mykorrhiza-Pilze stehen. Dadurch sterben die Pilze auf Standorten nicht ab und können solange überdauern, bis die Flächen wieder voll bestockt sind. Auch die Pflanzung unterschiedlicher Baumarten stärkt die Biodiversität der Pilze. Der Waldumbau von Monokulturen zu naturnahen Mischwäldern verspricht somit den größten Erfolg im Kampf für den Erhalt der Mykorrhiza-Pilze.
Quellen:
- Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft: Merkblatt für die Praxis!
- Passion Pilze sammeln: Pilze und ihre Partner
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