Schnittführung, Zeitpunkt und Wundverschluss bei Edelkastanie

Die Frage:

Schnittführung, Zeitpunkt und Wundverschluss bei Edelkastanie

User fragen Baumpfleger

Sehr geehrter Herr Bilharz,

mit Interesse habe ich als Hobby-Baumgärtner mit 16 Edelkastanienbäumen Ihre Publikationen rund um den Baumschnitt gelesen. Zum meinem Entsetzen musste ich jedoch erfahren, dass meine bisherige Praxis, die frischen Schnitte und Verletzungen bei Edelkastanienbäumen mit gängigen Wundverschlussmitteln zu behandeln, nicht mehr Stand der Dinge ist.
Können Sie mir eine Empfehlung geben, wie ich es besser machen kann? Welcher Schnittzeitpunkt ist in Bezug auf die Vermeidung einer Pilz-Infizierung am besten?

Die Antwort:

Wundverschluss durch sachgerechten Schnitt

Baumpfleger antworten Usern

Bei richtiger Schnittführung (Schnitt auf Astring) ist ein Wundverschlussmittel unnötig. Die Schäden am Baum sind mit Wundverschlussmittel nicht kleiner, als wenn Sie die Wunde sich selbst überlassen. Bei größeren Schnittflächen im Winterschnitt können Sie überlegen, die äußeren Jahrringe mit Wundverschlussmittel zu bedecken. Das hat zum Ziel, das Kambium (die für das weitere Dickenwachstum verantwortliche Zellschicht) bis zum Frühjahr vor dem Austrocknen zu schützen. Wenn Sie Glück haben trocknet das Kambium dann nicht sehr weit zurück. Im Frühjahr, wenn die Zellteilung wieder voll aktiv ist, hat das Wundverschlussmittel seine Arbeit bereits geleistet.

Rindenkrebs – Vorbeugung und Vermeidung

Ihnen geht es aber nicht nur um den Schnitt, sondern auch um den bei Edelkastanien berüchtigten Pilz „Rindenkrebs“ (Cryphonectria parasitica). Jeder Schnitt ist eine Verletzung und damit eine mögliche Eintrittspforte für den Pilz. Mit dem Wundverschlussmittel könnten Sie sicherlich erstmal eine Infektion verhindern, der Pilz hat bei günstigen Bedingungen jedoch zahlreiche Möglichkeiten, den Baum zu infizieren. Es ist deshalb sinnvoll, die Arbeitsgeräte zu desinfizieren. Innerhalb eines Baumes müssten Sie bei jedem Schnitt desinfizieren. Ein Ding der Unmöglichkeit. Achten Sie aber zumindest beim Wechsel von einem Baum zum Nächsten auf die Desinfektion.

Wundverschluss – Natürliche Mittel

Auch die Natur stellt Mittel bereit, nämlich in den speziellen Zellen selbst. Die Baumarten haben verschiedene Strategien, wie sie das lebende und teilungsfähige Gewebe gegen Pilze abschotten. Die eine Baumart besser, die andere Baumart schlechter. Zusätzlich kommt es natürlich auf Art, Ort und Zeitpunkt der Verletzung an.

Richtiger Zeitpunkt für den Schnitt

Eine geeignete Schnittzeit festzulegen ist nicht so einfach. Die Literatur verwirrt Fachleute und Laien, da meist nur Teilaspekte betrachtet werden. Berücksichtigen Sie bei der Pflege Schnittführung, Habitus und Wuchspotential, so tritt die Schnittzeit in den Hintergrund. Dennoch gebe ich Ihnen einige Empfehlungen.

Guter Schnittzeitpunkt

Vermeiden Sie den Schnitt während der Einlagerung im Spätsommer und Herbst um die Einlagerung von Reservestoffen nicht zu mindern. Im frühen Winter sollten Sei auch nicht eingreifen, wenn Sie sich die Zeit aussuchen können. Am besten lassen Sie den Winter vorbeigehen und schneiden die Edelkastanien nach dem Blattaustrieb. Dieser kann bis etwa Juni dauern. Prüfen Sie bitte je nach Jahreszeit, ob es Probleme mit naturschutzrelevanten Tieren geben kann.

Schlechter Schnittzeitpunkt

Der Schnitt sollte nicht erfolgen, wenn der Befallsdruck des Rindenkrebses hoch ist. Leider habe ich keine Angaben darüber gefunden, in welcher Zeit die Pilzsporen besonders „erfolgreich“ sind. Sicher ist jedoch, dass feuchte Witterung die Infektion begünstigt.

Stand der Wissenschaft

In einigen Ländern wird seit kurzem eine neue Methode angewandt. Die künstliche Infektion mit hypovirulenten, also weniger schädlichen Gegenspielern, ist angeblich erfolgreich. Leider habe ich dazu keine weiteren Infos. Vielleicht hilft Ihnen die Publikation der Forschungsanstalt WSL weiter: Merkblatt für die Praxis Der Kastanienrindenkrebs.

Allerdings erscheint mir das, was bisher machbar ist, noch sehr neu und aufwändig zu sein. Sie kommen nicht umhin zu analysieren, um welchen Erregerstamm es sich genau handelt. Ich habe keine Hinweise darauf gefunden, dass im Handel schon praktikable Lösungen vorhanden sind.

Was sie auf alle Fälle tun können ist, Ihre Bäume immer fachgerecht zu schneiden. Beachten Sie die Schnittführung und desinfizieren Sie, wo möglich, die Arbeitswerkzeuge.

Der Autor: Johannes Bilharz

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