Management von Archebäumen

Wer alte Archebäume gut pflegen möchte, der muss sich in der Baumpflege weiter spezialisieren. Das Wissen um die Entwicklung von uralten Baumveteranen unterscheidet sich teilweise stark von der normalen Baumpflegepraxis. Es lohnt sich also, die Besonderheiten dieser für das Kulturelle Erbe und den Naturschutz wichtigen Giganten genauer anzusehen.

Besonderheiten im Wuchs

Bäume durchlaufen in ihrem Leben einen Zyklus. Der junge Baum wächst mit seiner Spitze der Sonne entgegen und wird so immer größer. Er baut eine Krone auf, um möglichst viel Sonnenlicht einzufangen. In der Blüte seiner Zeit hat er eine stattliche Runde Krone und beginnt, statt nach oben in die Dicke seines Stammes zu investieren. Dadurch stabilisiert er seinen Stand und trotzt Wind und Wetter. Irgendwann erreicht der Baum jedoch ein Wendepunkt in seinem Leben:

Die Wuchskraft lässt nach und er reagiert nicht mehr so gut auf Wunden. Pilze haben leichtes Spiel und Spechte und Käfer tun ihr Übriges. Zusätzlich faulen die Wurzeln langsam ab und der Baum steht auf einem flachen Wurzelsystem. Nun muss der Baum auf eine andere Strategie setzen. Seine ganze Kraft wird nun in die Stabilisierung gesteckt.

Zusätzlich versucht er, seine Krone Stück für Stück zu verkleinern, damit die Windangriffsfläche kleiner wird. Dazu treibt er im Unteren Kronenbereich neue Reiterate (Erneuerungstriebe) aus, die später die sekundäre Krone bilden. Die Äste in der Höhe sterben ab. Er wächst sozusagen rückwärts. Nach der Umbauphase sieht der Baum oft aus wie ein junger Baum mit einem zu dicken Stamm.

Archebäume

Der Begriff „Archebaum“ bezeichnet einen uralten Baum, der wie eine Arche zahlreichen Tieren das Überleben sichert. Durch sein hohes Alter hat er eine lange Habitattradition und begleitet so seine Bewohner über Jahrhunderte hinweg. Das kann auch dazu führen, dass die Tiere nur noch auf dieser kleinen Insel vorkommen, da sich das Leben außerhalb des Baumes im Laufe der Zeit stark verändert hat.

Fotos: M. Winkler

Umsetzung in der Baumpflege

In England wurde anhand dieser Besonderheit bei alten Bäumen ein Management zu deren Pflege entwickelt. Es nennt sich Retrenchment Pruning und zielt darauf ab, dem Baum die Bildung einer sekundären, kleineren Krone zu erleichtern. Dabei wird in mehreren Schritten die obere Krone verkleinert und der Baum im Inneren der Krone durch kleine Schnitte zum Austrieb aus schlafenden Knospen angeregt. Zwischen jedem Schritt hat der Baum mehrere Jahre Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen.

Verbesserung der Umweltbedingungen

Ist der Baum noch stabil genug, lässt aber in seiner Vitalität stark nach, so macht es Sinn, zuerst die Umweltbedingungen für den alten Baum zu verbessern. Im Bernrieder Park werden alte Eichen aus diesem Grund eingezäunt. Somit wird der Boden im Einzugsbereich der Baumwurzeln aus der üblichen Nutzung genommen und vor Verdichtung geschützt. Auch das Mulchen mit Artgleichem Rindenmaterial verbessert den Boden und regt das Bodenleben an. Dadurch werden Nährstoffe verfügbar, die dem Baum zur Regeneration zur Verfügung stehen.

Artenschutz und Archebäume

Uralte Bäume bieten unzähligen Tieren Nahrung, Lebensraum und Schutz. Sie bilden Totholz aus und haben oft zahlreiche Defekte am Stamm und in den Ästen. An diesen Stellen entstehen im Laufe der Zeit Mulmhöhlen, welche ein optimales Habitat für seltene Tiere sind. Käfer, Pilze, Vögel und Säugetiere nutzen diese Höhlen zur Fortpflanzung, als Winterquartier oder Tagesunterkunft.

Je älter ein Baum ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er noch Tiere beherbergt, die bereits vor Hunderten von Jahren dort gelebt haben. Das wohl bekannteste Beispiel ist der Eremit. Eine typische Urwaldreliktart, die auf urwaldtypische Strukturen mit alten Bäumen angewiesen ist. Er lebt in den Mulmhöhlen alter Bäume und bleibt seinem Wirtsbaum über Generationen hinweg treu. Hier wird deutlich, wie wichtig jeder einzelne Baum ist. Stirbt er ab, so hat die Population oft keine Möglichkeit umzusiedeln.

Workshop für Baumpfleger

Wer sich tiefer mit der Thematik beschäftigen möchte, der kann am Workshop „Eremit & Co.- Artenschutzrecht und Management von Archebäumen“ teilnehmen. Der Kurs wird einmal jährlich von TreeConsult und der Münchner Baumkletterschule angeboten und findet in Bernried am Starnberger See statt.

Hilfe für geschützte Arten

Um zu verhindern dass Populationen aussterben, ist es mittlerweile oft notwendig, in die Natur einzugreifen. Oft stehen Jahrhunderte alte Bäume neben gerade mal jugendlichen Exemplaren. Stirbt ein alter Baum ab, ist der Nachbarbaum noch nicht alt genug, um seine Bewohner aufnehmen zu können. Für dieses Problem gibt es zwei Lösungsansätze.

Gesunderhaltende Pflege

Die Baumpflege versucht alte Bäume so lang wie möglich zu erhalten. So wird die Zeit hinausgezögert und den Arten einen Lebensraum geboten, bis auch die jungen Bäume zu geeigneten Habitaten geworden sind.

Trittsteine in der Zeit

Die zweite Möglichkeit ist, „Trittsteine in der Zeit“ zu schaffen. Dazu werden vitale Bäume künstlich in Habitatbäume umgewandelt. Mit der Motorsäge werden Höhlen in den Stamm geschnitten, damit aus diesen Mulmhöhlen entstehen. So entwicklen sich in kurzer Zeit Habitate, die sich natürlichwiese erst viel später bilden. Solche Maßnahmen sind jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen und zum Erhalt von seltenen Arten gestattet. Sie sichern den Fortbestand von Urwaldreliktarten und tragen aktiv zum Artenschutz bei.

Habitate aktiv erhalten

Um möglichst langfristig viele Habitate in einem Baum bereitzustellen, gibt es ein paar Dinge bei der Baumpflege zu beachten. Solange die Verkehrssicherheit am Standort kein Problem darstellt, bleibt das gesamte Totholz im Baum. Es ist Futterquelle für Totholz zersetzende Pilze und Käfer und bietet Höhlungen für kleine und größere Vögel und Säuger. Fällt es mit der Zeit herunter, so kann es sich am Boden zersetzten und so neuen Lebensraum bieten.

Fazit

Nicht jeder Baum kann in in seinem Altersstadium als Habitatbaum geschützt werden. Es gibt Standorte, an denen die Verkehrssicherheit eine größere Rolle spielt. Doch auch hier gibt es Möglichkeiten. Legen Sie doch in Ihrem Garten einne Ort an, an dem tote Äste langsam verrotten dürfen. Erhalten Sie so viel Totholz wie möglich im Baum und schneiden Sie Äste mit Höhlungen nicht sofort ab. Manchmal kann auf den zweiten Blick der Artenschutz in die normale Baumpflege integriert werden. Es lohnt sich also, den Blickwinkel zu erweitern um seltenen Arten eine Chance zu geben.

Baumpflege und Artenschutz - Management von Archebäumen
Baumpflege und Artenschutz - Management von Archebäumen

Die Autorin: Marina Leon

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Quelle:

  • Die Informationen stammen aus dem Workshop „Eremit Co., Artenschutzrecht und Menagement von Archebäumen“
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