Schnittzeit und Schnittmethode bei Walnuss Teil 2: Auslichtungsschnitt bei Walnussbaum

Wir haben eine Frage erhalten bezüglich Schnittzeit von Walnussbäumen und ob es eine Schnittmethode gibt, durch die eine gute Durchlüftung zur Verbesserung des Mikroklimas innerhalb der Baumkrone erreicht wird. Aufgrund des Umfangs der Anfrage haben wir sie aufgeteilt.

Frage, Teil 2: Schnittmethode für gut durchlüftete Walnussbäume?

Auslichtungsschnitt bei WalnussZu meiner Situation: Ich habe eine 16-jährige Walnussanlage mit verschiedenen Sorten, deren Früchte insbesondere 2014 stark mit Xanthomonas und Marssonina befallen waren. Durch einen Auslichtungsschnitt hoffe ich, günstigere Bedingungen für eine schnellere Abtrocknung zu schaffen.

Ich würde mich freuen, wenn Sie mir – falls überhaupt möglich – eine Schnittmethode nennen könnten, die das Innere der Baumkrone möglichst schonend auslichtet. Die von Ihnen favorisierte Auslichtung in der Peripherie würde – so wie ich sie verstanden habe – zur schnellen Abtrocknung nichts beitragen und vor allem das Fruchtholz dezimieren, wie ich meine.

Der Autor einer Walnussbaumschule im Fränkischen empfiehlt, die Stammverlängerung zu halbieren und auf einen schwächeren Seitenast „abzuleiten“. Ein bekannter Nussspezialist sagte mir, dass bei uns im Badischen nicht ausgelichtet würde, sondern nur „in Österreich, aber die hätten andere Sorten“. Ein Blick zu den Profis bei Grenoble zeigte mir, dass dort regelmäßig beispielsweise mit Hubbühnen ausgelichtet wird. Das Problem ist, dass sich das dort andere Sortenspektrum nicht einfach übertragen lässt. Außerdem beschreibt die sortenabhängige Schnitttechnik eher den Aufbauschnitt: Gobelet (Becher) = Hohlkrone (!) oder Axe = Spindel. Ein spezielles Problem bereitete mir zunächst der Ausdruck „Gobelet-Axe“. Ich kam aber dann darauf, dass nur der Oeschbergschnitt gemeint sein konnte (Spindel in einer Hohlkrone)1. Diese Schnittformen böten jeweils sehr luftige Kronen, allerdings ist es für meine schon etwas älteren Walnussbäume für einen solchen Aufbauschnitt bereits zu spät.

Besonders anfällig für Bakteriosen und Mykosen der Früchte ist die Sorte Esterhazy II, die eine sehr schöne große herzförmige Frucht mit dünner Schale, aber gleichzeitig auch eine sehr dichte Baumkrone bildet. Beides – dünne Schale und dichte Krone – begünstigen den erwähnten Befall besonders. Was den passenden Schnittzeitraum betrifft, würde ich Ihrer Empfehlung folgen – allerdings nicht dem Schnitt in der Peripherie. Was raten Sie mir?

Antwort: Richtige Schnittmethode für gute Durchlüftung bei Walnuss

Eine gängige Schnittmethode kann ich Ihnen nicht namentlich nennen. Wohl aber Infos geben, wie man sich einer definierten Zielsetzung am besten nähert. Der von Ihnen mitgeschickte Beitrag von Haas2 über den Schnitt von Walnussbäumen ist sehr empfehlenswert. Er beschreibt jedoch hauptsächlich die Erziehung von Walnussbäumen und gibt nicht direkt Informationen, was zu tun ist, wenn der Baum zu alt und eine Erziehung nicht in gewünschtem Maße vorhanden ist.

Zuerst ist es wichtig, sich über die Ziele klar zu werden. Welche Ziele sind Ihnen wichtig und wie bewerten Sie deren Priorität:

•   Soll der Baum klein bleiben?
•   Soll der Baum quantitativ viele Früchte haben?
•   Soll der Baum qualitativ hochwertige Früchte haben?
•   Wie hoch darf der Schnittaufwand sein?
•   Wie soll geerntet werden?
•   Wie alt darf/soll der Baum werden?
•   Wie gut sollen die Früchte besonnt werden?
•   Wie stark soll die Krone durchlüftet werden?

Leider kann man nie alles gleichzeitig optimieren. Jede Maßnahme hat auch negative Effekte für andere Ziele. Deshalb muss man sich immer klar werden, welchen Einfluss eine Maßnahme auf die anderen Ziele hat.

Ihrem Schreiben entnehme ich, dass Ihnen zumindest das letzte Ziel sehr wichtig ist. Sie wollen eine gut durchlüftete Krone, um Pilzinfektionen oder Bakteriosen zu minimieren durch Verhinderung eines für Pilze günstigen Mikroklimas. Darauf werde ich mich in meiner Antwort beschränken.

Soviel kann auf alle Fälle gesagt werden: Eine Stammhalbierung und eine Ableitung auf einen schwächeren Seitenast (wie von Ihnen aus einer Empfehlung zitiert) halte ich für keine gute Idee. Ein solcher Schnitt entspricht einer Kappung mit all ihren negativen Folgen3. Sicherlich ist bei einer solchen Entscheidung zu berücksichtigen, ob es sich um einen Walnussbaum in einer Erwerbsanlage handelt, oder um einen Hofbaum. Der Erwerbsbaum muss vielleicht gar nicht so alt werden (30 Jahre?) wie der Hofbaum (Generationen). Für einen Erwerbsbaum ist es möglicherweise nicht wichtig, wenn Äste faulen und hohl werden. Ob das der Gesundheit des Erwerbsbaumes zuträglich ist und hilft, Infektionen zu minimieren, wage ich aber stark zu bezweifeln. Je größer der Schnitteingriff, desto mehr Stress hat der Baum, je mehr Stress er hat, desto anfälliger ist er für alle möglichen Krankheiten, insbesondere Bakteriosen und Virosen. Also meine Empfehlung: Finger weg vom Kappen. Notwendig ist es in den seltensten Fällen. Eine Vitalisierung, d.h. Förderung junger Triebe, kann auch ohne Kappung erreicht werden.

Sie schreiben, dass Sie glauben, eine Auslichtung der Peripherie würde nichts zur schnellen Abtrocknung beitragen. Wenn die Walnussbäume besser durchlüftet werden sollen, werden Sie jedoch aus meiner Einschätzung nicht daran vorbeikommen, die Peripherie zu öffnen. Vielleicht hilft es, sich erst einmal auf die verschiedenen Kronenformen zu besinnen.

Kronenformen

Natürliche Krone

Bäume verdichten sich bei natürlichem Wuchs in der Peripherie. Das führt dazu, dass Baumkronen im Inneren verkahlen – bei manchen Bäumen mehr, bei manchen weniger. Bei Süßkirsche oder Walnuss ist die Verdichtung weniger ausgeprägt. Sie lassen in der Regel mehr Licht ins Kroneninnere und haben einen lockereren Wuchs. Deshalb wurde früher oft empfohlen, diese Bäume nicht oder nur wenig zu schneiden. Vielleicht war auch die Starkwüchsigkeit mit ein Grund, dass man die Bäume wachsen ließ, weil das Schneiden großer Bäume zu aufwendig war.

Vorteil: wenig Schnittaufwand; hohe quantitative Erträge (in Summe der Jahre)

Nachteil: Verkahlung im Inneren; Anregung von Jungtrieben und Verminderung des Kronenausmaßes (Zentralisierung) oft nur durch starke, baumschädigende Kappungen möglich; Früchte nur in der Peripherie (schlechte Erntemöglichkeit, deshalb nur dort wirtschaftlich interessant, wo Früchte geschüttelt werden, bei Nussbäumen früher meistens der Fall)

Krone auslichten durch Entfernung von ganzen Astpartien

Ein Auslichten der Krone beschränkt sich meist auf eine behutsame Auswahl bevorzugter Äste und das Vereinzeln von konkurrierenden Ästen.

Vorteil: Schnittaufwand immer noch einigermaßen minimal; natürliche Astreinigung wird vorweggenommen; gute Durchlüftung; Fruchtbildung wird gefördert (qualitativ); Verkahlung des Kroneninneren wird verlangsamt

Nachteil: Die Masse der Jungtriebe an den einzelnen Tragästen bleibt auf die Peripherie beschränkt. Peripherie wird gefördert, jedoch auf weniger Äste verteilt (Kopflastigkeit). Die Tragäste können oft nicht schnell genug mit Dickenwachstum entgegen steuern, was tendenziell Astbruch fördert (Gewicht nimmt in der Peripherie zu; Hebelarm vergrößert sich). Bei stärkerer Auslichtung wird der quantitative Ertrag reduziert. Wasserschossbildung bei freigestellten Flächen (schlechte Astanbindung der Wasserschosse, große Schnittflächen bei Entfernung derselben).

Krone schlank schneiden

Eine schlankgeschnittene Krone hat in der Peripherie wenig Knospen und hält die Knospen im Bauminneren. So werden die produktiven Zonen im Inneren gefördert und der Baum in seinen Ausmaßen klein gehalten. Offene Krone in der Peripherie, Verdichtung im Kroneninneren.

Vorteil: Die Krone kann klein gehalten werden, manuelles Ernten wird erleichtert (da Erträge nicht nur in der Peripherie). Optimale Jungholzbildung und Verminderung der Wasserschossbildung. Große Schnittwunden können zum großen Teil vermieden werden. Jährlich ausreichend Jungtriebe mit Blüten.

Nachteil: Jährlicher (mindestens zweijähriger) Schnitt ist empfehlenswert. Der Schnitt in der Peripherie ist schwierig und zeitaufwendig (sofern man nicht die richtigen Techniken hat wie zum Beispiel Positionierung mit Klettertechnik und Leiter). Geringere (dafür meist über die Jahre gleichmäßige) Erntemengen und geringere Qualität, da hinsichtlich Sonne die Blüten im Bauminneren nicht so optimal versorgt sind wie die in der Peripherie.

Diese Einteilung ist nur sehr grob und lückenhaft, zeigt aber schon deutlich, es gibt immer Vor- und Nachteile.

Meine Empfehlung für eine gut durchlüftete Krone bei Walnussbäumen

Förderung der produktiven Jungäste nicht nur außen, sondern über den gesamten Kronenaufbau: Dazu ist eine vorsichtige Auslichtung in der Peripherie notwendig. Das bewirkt eine Öffnung der Krone nicht nur für Licht, sondern auch für Luft. Ich würde entgegen Ihrer Überlegungen gerade nicht im Inneren auslichten. Zu beachten wäre allerdings, dass man mit der Schnittintensität das natürliche Wuchspotential nicht zu stark unterdrückt (Baum durchaus „laufen“ lassen). Die Kunst ist es, herauszufinden, wie stark man bei der jeweiligen Baumart und -sorte schneiden muss, um einerseits die Jungtriebbildung anzuregen, andererseits aber einseitige Wasserschossbildung zu vermeiden. Einfluss darauf haben viele Faktoren: Sorte, Unterlage, Schnittzeitpunkt, Schnittstärke, Verteilung der verbliebenen Knospen auf die Astarchitektur, Exposition, Verhältnis der Aststärken und Verteilung der Astlängen untereinander. Im Prinzip wäre das hinsichtlich Schnitt eine Mischung aus „Krone auslichten“ und „Krone schlankschneiden“. Der Öschbergschnitt ist gar nicht so falsch und kann vom Prinzip her immer angewendet werden, wenn man sich nicht so streng an Astwinkel und Astverteilung klammert, sondern mehr von dem leiten lässt, was der Baum an Wuchs vorgibt. Ein lockerer Kronenaufbau bevorzugt wenige ausgewählte Tragäste. Ich kann hier Haas2 nur zustimmen: Kronenaufbau ähnlich wie bei anderen Obstbäumen (moderne Rundkrone mit wenig Tragästen und regelmäßigem Schnitt).

Meine Empfehlung für die Schnittzeit: Frühjahr bis Juni. Sie können aber bei leichten Schnitteingriffen und gesunden Bäumen fast das ganze Jahr hindurch schneiden.

Wenn Sie eine Walnussbaum-Plantage besitzen, dann werden Sie möglicherweise wirtschaftlichen Kriterien den Vorzug geben. Die Wirtschaftlichkeit ist aber sehr von den individuellen Gegebenheiten abhängig. Diese alle zu beleuchten wäre sehr aufwendig und in diesem Rahmen kaum abzuhandeln. Leider spreche ich kein Französisch, weshalb ich die Erkenntnisse der von Ihnen zitierten Spezialisten aus Grenoble1 nicht nutzen kann. Wenn Sie beim Ausprobieren Erkenntnisse gewonnen haben, würde ich mich freuen, wenn Sie diese mit mir teilen und öffentlich machen.

1 Station expérimentale de Creysse: La taille du noyer Conseils techniques. Fiche Technique Noix n°15, 12/2015 (PDF)
2 Nussbaumschule Haas & Haas, Zwingendorf: Der Nussbaum
3 Nähere Informationen dazu bei Alex Shigo: Baumschnitt. Kenzingen 2015

Teil 1: Richtiger Schnittzeitpunkt bei Walnussbaum
Teil 2: Auslichtungsschnitt bei Walnussbaum

Der Autor: Johannes Bilharz

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