Gibt es „professionell gekappte Bäume“?

In der Baumpflege ist es schon länger ein Fakt, dass Kappungen den Baum massiv schwächen und viele negative Folgen haben. Dennoch liest und hört man regelmäßig, dass professionell gekappte Bäume durchaus eine Option in der Baumpflege sind. Auch der Begriff des Schneitelns taucht in diesem Zusammenhang regelmäßig auf. Die negativen Folgen des Eingriffs in den Baum sollen durch regelmäßige Pflege unter Kontrolle gehalten werden. Also doch nicht alles schlecht bei Kappungen, wenn es nur ein Profi macht?

Der historische Schneitelbetrieb

Generell ist der Schneitelbetrieb ein Begriff aus der historischen Landwirtschaft: Die Bauern schnitten die jungen Zweige regelmäßig ab, um damit die Tiere zu ernähren oder die Zweige als Einstreu zu nutzen. Das Schneiteln hatte damit vor allem wirtschaftliche Gründe. Die ZTV-Baumpflege nimmt den Begriff des Kopfbaumschnittes mit der neuen Ausgabe von 2017 auf. Dieser ist passender, da das Laub der Stadtbäume nicht als Viehfutter dient. Die aktuelle „Technik“ des Kopfschnittes setzt aber voraus, den Baum bereits in der Jugendphase als Kopfbaum zu pflegen und frühzeitig zu formen.

Folgen des Kopfschnittes

Mit der Schneitelung oder dem Kopfbaumschnitt verliert der Baum den Großteil seiner Blattmasse. Dies führt zu keinem vitaleren Baumbestand. Vitalität kann mit „Lebenskraft“ definiert werden (Klug 2016). Die heftige Reaktion des Baumes und die starke Bildung von Neuaustrieben nach starkem Rückschnitt ist oft eine „Notreaktion“ auf die Entnahme der gesamten Zweig- und Blattmasse. Will der Baum „überleben“, muss er Neuaustriebe bilden. Ein Baum ohne Blattmasse stirbt ab.

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Kappungen bleiben ein Baumfrevel

Gibt es also „professionell gekappte Bäume“? Die Antwort ist ein klares Nein. Kappungen verursachen derart viele negative Folgewirkungen, dass es generell ein Baumfrevel ist. Dabei sind Kappungen nicht mit dem Kopfbaumschnitt zu verwechseln. Die professionelle „Kunst“ des Kopfbaumschnittes ist, jeweils nur schwache Äste zu entnehmen oder einzukürzen. Und zwar so, dass der Baum die entstehende Wunde aus eigener Kraft abschottet und verschließt.

Bei Kappungen entstehen große Verletzungen. Durch den Schnitt verliert der Baum ganze Kronenteile mit verschiedenen negativen Folgen für seine Vitalität. Wegen des fehlenden physiologischen Gleichgewichts fördern sie sogar den Pilzbefall im Wurzelbereich (FLL 2006; Klug 2017). Bei jedem massiven Eingriff an Bäumen ist abzusehen, dass sich die Lebenserwartung verkürzt.

Vorsicht vor Vergleichen

Der natürlich gewachsene Baum gilt als Vorbild in der aktuellen Baumpflege. Wird aufgrund des Standorts an der Straße ein Lichtraum geschnitten, ist daraus jedoch nicht zu schließen, dass der Baum eine unnatürliche Krone hat. Auch im Waldbestand existieren Bäume mit einem unteren Stammbereich ohne Äste. Die Kosten des regelmäßigen Rückschnitts beim fachgerechten Kopfschnitt dürften in den überwiegenden Fällen wesentlich höher sein, als bei natürlich gewachsenen Bäumen. Vermutlich betragen sie das drei- bis sechsfache.

Dies ließe sich an einigen Praxisbeispielen aufzeigen. Die Kosten hängen aber wesentlich von Baumart und Höhe des Baumes ab und sind nicht zu verallgemeinern. Es ist beispielsweise nicht möglich, die Behandlung einer vier Meter hohen Platane als Kopfbaum mit der Kronenpflege einer 30 m hohen Platane zu vergleichen. Beide Bäume haben auch unterschiedliche Funktionen.

Kopfschnitt per se nicht schlecht

Das bedeutet nicht, dass der Kopfschnitt grundsätzlich abzulehnen ist. Vielmehr ist eine fachgerechte Vorgehensweise zu fördern. Sicher gibt es in der Praxis Fälle, in denen Bäume viel zu spät reduziert und in einen Kopfbaum überführt werden. Auch dies ist generell nicht zu verteufeln. An bestimmten Orten und Plätzen können Kopfbäume eindrucksvoll sein und viele Funktionen erfüllen. Aber: Bäume sind fachgerecht entsprechend der Art und des Standorts zu schneiden.

Der Autor und Fotos: Peter Klug,
Diplom-Forstwirt, v. RP FR ö.b.v. Sachverständiger für Baumpflege – Verkehrssicherheit von Bäumen – Gehölzwertermittlung

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11 Antworten
  1. Ludwig Kränzlein

    Wie viele frisch gekappten Bäume ich dieses Jahr schon gesehen habe, ist erschreckend. Dass Baumkappungen mit großen Schnittwunden nicht fachgerecht sind und nichts mit Baumpflege zu tun haben, ist schon länger bekannt, jedoch muss endlich etwas passieren, um diese Praxis zu verbieten. Ist die Verstümmelung von Bäumen nicht gesetzlich verboten? Gerne würde ich mithelfen, Firmen die Kappungen vornehmen strafrechtlich zu verfolgen.

    Antworten
  2. alexander häfele

    ich finde gekappte bäume auch trostlos, nur in der krone unserer alten linde – ca 25m höhe – haben sich ziemlich viele misteln angesiedelt, auch würde bei schwerem sturm wohl ein teil der gegabelten linde aufs haus krachen…
    jetzt ist die frage: kappen oder ganz umsägen?

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    • Baumpflegeportal

      Guten Tag Herr Häfele,
      die Mistel ist mitlerweile in vielen Gebieten zu einem schweren Baumschädling geworden. Gerade wenn, wie Sie beschreiben, viele Misteln in einer Krone angesiedelt sind, können Winterstürme den Bäumen stark zusetzen. Auch der Verlust an Wasser und Nährstoffen durch die Haustorien der Mistel sind nicht zu vernachlässigen. Das Problem: Eine Kappung bedeutet den Tod auf Raten für Ihren Baum. Er wird zu 100%iger Sicherheit daran eingehen. Bestimmt nicht in den kommenden 10 Jahren, doch kein Baum kann solche Wunden wieder verschließen. Zudem werden die neu aus den Kappungsstellen gebildeten Triebe irgendwann gefährlich, da sie leicht ausreißen.
      Mein Tipp: Holen Sie einen Baumpfleger, der Ihnen alle Misteln aus der Krone entfernt (Abschneiden der grünen Teile der Mistel und Zweige mit Misteln entnehmen wo es zumutbar ist) und eine sanfte Kronenpflege durchführt. Das Kostet, doch ich denke nicht viel mehr als eine Kappung. Natürlich ist das keine Dauerlösung, aber die Mistel wächst sehr langsam. Ohne Blattmasse kann auch die Mistel nicht wachsen. Sie braucht wieder einige Zeit, bis die ersten neuen Blätter geformt sind. Normalerweise (zumindest bei Streuobstwiesen, die so behandelt werden), reicht es, alle fünf bis zehn Jahre die Misteln aus der Krone entfernen zu lassen. Der Vorteil: Sie brauchen keine Kappung und ein wertvoller, alter Baum kann erhalten werden.
      Ihr Team vom Baumpflegeportal

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      • Christin Schenck

        Wir haben einen sehr schönen Glücksbaum. Er wurde dummerweise unter einem Stromkabel vor Jahren gepflanzt. Der Glücksbaum ist vielleicht jetzt 10 Jahre alt und ca. 7 Meter hoch. Zum Stromkabel sind’s vielleicht noch 3 Meter. Irgendwann muss der Baum beschnitten werden, was mir sehr leid tut. Soll er lieber so bald wie möglich kurz gehalten werden, oder warte ich, bis er am Stromkabel angekommen ist. Und wie beschneiden ich ihn, damit er nicht mehr in die Höhe wachsen kann?
        Hat jemand Erfahrung damit?

        Antworten
        • Baumpflegeportal

          Hallo Christin,
          herzlichen Dank für Ihre Frage. Sie haben es bereits richtig erkannt: Bäume und Stromkabel sind eine potenzielle Gefahrenquelle. Gerade im Privatgarten möchten Sie sich ja entspannen können. Daher ist unsere Empfehlung, die Situation zeitnah anzugehen.
          Ihr Baum wird weiter in die Höhe wachsen und wird auch später immer wieder mal dem Kabel nahe kommen. Es ist deswegen auf jeden Fall sinnvoll, sich hierzu von einem Fachbetrieb beraten und auch die Schnittmaßnahme fachgerecht durchführen zu lassen. Fachkräfte sind geschult, was den Umgang mit Stromleitungen in punkto Arbeitssicherheit angeht, denn die Gefahr durch Stromschlag sollten Sie auf keinen Fall unterschätzen. Fachleute können Ihnen helfen, den Baum gleich so zu erziehen, dass es in Zukunft nicht allzu brenzlig wird und der Baum beim Schnitt wenig Schaden nimmt. Außerdem zeigt Ihnen ein Fachbetrieb Alternativen auf, zum Beispiel für Ersatzpflanzungen, falls Ihre Vor-Ort-Situation keine andere Lösung zulässt. Sie sollten damit aber auf keinen Fall warten, bis der Baum das Kabel erreicht hat, um die Gefahr so gering wie möglich zu halten. Unsere Empfehlung: Unter http://www.baumpflegeportal.de/baumpfleger finden Sie Betriebe in Ihrer Nähe. Oft ist eine Begutachtung vor Ort kostengünstig oder wird vom Betrieb auf den Auftrag angerechnet. Scheuen Sie sich also nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Je nachdem, welche Baumart Sie konkret im Garten haben und wie hoch diese letztendlich wird, kommt eine fachgerechte Pflegemaßnahme auf lange Sicht oft günstiger als eine einmalige Kappung.
          Herzliche Grüße,
          das Team vom Baumpflegeportal

          Antworten
  3. Susanne Stoiber-Bodenschatz

    Ich bemühe mich seit mehreren Jahren, meinen alten gegabelten Apfelbaum zu erhalten. Während meiner herbstlichen Aktivitäten im Garten musste ich leider feststellen, dass der eine Teil des Baum ziemlich morsch ist. Meine Frage hierzu, kann ich diesen Teil des Baumes bis etwa 30 cm über der Gabelung absägen und würde sich dadurch der verbleibende Teil besser stabilisieren?

    Antworten
    • Baumpflegeportal

      Hallo Susanne,
      vielen Dank für Ihre Frage. Schicken Sie uns Ihre Anfrage und Bilder doch über info@baumpflegeportal.de. Wir melden uns bei Ihnen mit den Details.
      Herzliche Grüße,
      das Baumpflegeportal-Team

      Antworten
  4. Hartkamp

    Wir haben eine ca. 250 Jahre alte Stieleiche an unserem Wohnhaus. Die großen Äste reichen inzwischen fast über das gesamte Dach. Der Baum ist für sein Alter noch gesund. Wir möchten die Baumkrone stutzen, um bei Sturm bzw. Trockenheit keinen Schaden an unserem Haus und Umgebung zu erhalten. Es müsste von einem Baumkletterer mit Hubsteiger und evtl. Autokraneinsatz durchgeführt werden. Kann ich von irgendeiner Stelle für die doch sehr hoch zu erwartenden Kosten Unterstützung bekommen?

    Antworten
    • Baumpflegeportal

      Hallo Fam. Hartkamp,

      es gibt tatsächlich in vielen Kommunen spezielle Förderprojekte für die Baumpflege von Bäumen auf Privatgrundstücken. Gerade bei der Altbaumpflege unterstützen einige Gemeinden die Baumbesitzer, um Maßnahmen zur fachgerechten Pflege und zum Erhalt der Baumsenioren zu unterstützen. Daher empfehlen wir Ihnen, bei Ihrer Kommune nachzufragen. Auch Baumpflegeunternehmen in Ihrer Nähe könnten eventuell potenzielle Ansprechpartner kennen.
      Viel Erfolg!

      Antworten
  5. Jan Friedrich

    Hallo zusammen und Danke für den sehr informativen Artikel!
    Wir haben vor zwei Jahren ein Grundstück erworben auf dem eine ziemlich genau 90 Jahre alte Winterlinde steht. Diese hatte offensichtlich in den vergangen Jahren sehr an der Trockenheit gelitten und scheint auch schon einen Pilzbefall zu haben. Während die neuen Triebe am Fuß des Stammes noch große, vitale Blätter haben, zeigt sich die Krone sehr licht und die Blätter sind eher kümmerlich. Einzelne große Hauptäste scheinen regelrecht abzusterben. Eine großzügige Bewässerung und die „Behandlung“ mit Mykorrhiza-Pilzen im letzten Jahr haben leider keine Wende gebracht. Bevor die morschen Hauptäste herunterfallen, werden wir diese sowieso entfernen müssen. Wäre eine Kappung hier vielleicht ein Mittel, um dem Baum überhaupt noch eine Chance zu geben oder kann es sein, dass er es aufgrund der Vorschädigung dann nicht mehr schafft? Und könnte es helfen, große Schnittflächen zu behandeln beziehungsweise zu verschließen?

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    • Marina

      Hallo Jan,
      leider leiden aktuell zahlreiche Bäume unter Trockenstress. Das Problem, das du beschreibst, kommt wahrscheinlich daher, dass deine prinzipiell guten Ideen zu spät kamen. Abgestorbene Äste sind tot und können vom Baum nicht wieder revitalisiert werden. Diese zu entfernen, macht also durchaus Sinn. Eine Kappung bis ins gesunde Holz sollte jedoch vermieden werden. Das bedeutet für den Baum noch mehr Stress und noch größere Wunden, die verschlossen werden müssen. Nimm daher nur das Totholz aus der Krone heraus. Dieses hat der Baum bereits abgeschottet und damit auch den Eintritt von Pilzen und Bakterien minimiert. Solltest du doch weitere, noch grüne Kronenteile auf Grund der Verkehrssicherheit entnehmen müssen, suche dir am besten einen qualifizierten Baumpfleger. Dieser kann dir eine fachgerechte Kroneneinkürzung ohne große Wunden anbieten und damit die Last auf den Stamm reduzieren. Sieh bitte auch von jeglichem Wundverschluss ab. Bäume können diese Mittel nicht überwachsen und damit die Wunde schlechter verschließen. Außerdem führen feine Risse in der Farbe oft zum idealen feucht-warmen Nährboden für Pilze und Bakterien.
      Viele Grüße, das Team vom Baumpflegeportal.

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