Einfluss der Bodeneigenschaften auf das Baumwachstum

„Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“ – so verhält es sich auch beim Baum, bei dem ein wesentlicher Teil unter der Erde im Boden verborgen ist. Für die Augen unsichtbar, stellen die Wurzeln das Leben und Überleben eines Baumes sicher. Werden sie in ihrer Entwicklung gestört, zum Beispiel durch eine schädliche Bodenverformung, zieht das Konsequenzen für den sichtbaren Teil des Baumes nach sich.

Ausschlaggebend für eine optimale Verfügbarkeit von Nährstoffen, Luft und Wasser ist eine gute Bodenstruktur. Diese räumliche Anordnung der festen Bodenbestandteile beeinflusst die Größenverteilung und Kontinuität der Poren, von denen die Wasser- und Sauerstoffverfügbarkeit der Wurzeln abhängt. Durch mechanische Belastung, wie Befahrung mit Baumaschinen oder PKWs, kommt es zu einer für Baumwurzeln nachteiligen Änderung der Bodenstruktur.

Tag des Bodens

Am 5. Dezember ist Weltbodentag. Die Internationale Bodenkundliche Union (IUSS) rief ihn erstmal 2002 aus. Dieser Tag soll an die wervolle und natürliche Ressource Boden erinnern. Unsere Böden sind echte Mulittalente. Sie bilden die Grundlage für unsere Ernährung und sind Lebensraum für Bodenbewohner. Für Bäume ist ein intakter und gesunder Boden unerlässlich. Ihre Wurzeln ziehen sich daraus wichtige Nährstoffe und sind darin fest verankert.

Unterschiedliche Arten von Bodenverformungen

Grundsätzlich müssen zwei Arten der Bodenverformung unterschieden werden. Bei der anthropogenen Bodenverdichtung wird der Porenraum unter Belastung so weit verengt, bis die Kornkontakte ausreichen, um dem eingetragenen Druck standhalten zu können (Abb. 1 a). Ist der Boden zusätzlich wassergesättigt, können die wassergefüllten Poren durch Belastung nicht verengt werden. Es kommt bei Druckeintrag somit zu einem viskosen Fließen des Bodens, bei dem der Boden unter den Rädern herausgepresst wird. Das Ergebnis sind Randwülste neben der Fahrspur (Abb. 1 b).

Unabhängig davon wird bei beiden Arten der Bodenverformung die Porenkontinuität gestört. Die Poren werden abgeschert und enden blind im Boden, d. h. ohne eine Verbindung zur Atmosphärenluft. Ein so genannter „Plastikfolieneffekt“ tritt ein. Bei der Bodenverdichtung wird zusätzlich das Porenvolumen reduziert. Vor allem die Luft führenden Grobporen werden dabei zerstört. In der Folge erhöht sich das Risiko zur Ausbildung eines Sauerstoffmangels.

Durch das reduzierte Porenvolumen und die fehlende Verbindung der verbleibenden Porenräume zur Atmosphäre spitzt sich die Situation zu. Bodenbürtiges Kohlenstoffdioxid reichert sich an, da die Poren und Porenräume ihre „Fracht“ aufgrund des ausbleibenden Wasserstroms nicht mehr austauschen können – in höherer Konzentration wirkt das Gas dann toxisch auf die Wurzeln.

Abbildung 1a und 1b: Plastische Verformung von Böden bei Befahrung. a Bei Bodenverdichtung werden die Bodenteilchen unter den Rädern zusammengepresst. b Das viskose Fließen wird durch Randwülste aus Bodenbrei sichtbar. (nach Gaertig und Hetsch 2006)

Der Einfluss der Bodenbelüftung

Die mit der Veränderung der Bodenstruktur einhergehende verminderte Bodenbelüftung wird als bedeutsamste ökologische Auswirkung betrachtet. Ein Sauerstoffmangel führt zur Ausbildung eines reduzierten Wurzelsystems, wodurch der Baum nicht mehr ausreichend mit Wasser und Nährstoffen versorgt wird. Dies zieht wiederum Kronenstrukturstörungen nach sich und mündet letztlich in verminderten Wachstumsleistungen und einer vorzeitigen Vergreisung der Bäume.

Im städtischen Bereich sind diese Zusammenhänge beispielsweise an dem Landschaftskunstprojekt „7000 Eichen“ des Künstlers Joseph Beuys gut zu beobachten. Hierbei wurden im Zeitraum von 1982 bis 1987 insgesamt 7000 Bäume im Gebiet der Stadt Kassel gepflanzt. Aufgrund ihres annähernd gleichen Alters bilden die Beuys-Bäume einen idealen Untersuchungsbestand.

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2013 wurden die Höhen, Durchmesser und Kronenvitalität von zahlreichen „Beuys-Eichen“ auf verschiedenen Standorten mit unterschiedlichem Versiegelungsgrad untersucht. Abbildung 2 zeigt die Abnahme der Höhen (a) und Durchmesser (b) welche mit zunehmendem Versiegelungsgrad des Standortes einhergehen. Während die Eichen auf den unversiegelten Standorten im Mittel Höhen von 16 m und Stammumfänge in 1 m Höhe von über 130 cm erreichten, waren die Bäume auf den vollversiegelten Standorten 3 m niedriger und hatten einen ca. 25 cm geringeren Stammumfang. Dies entspricht Wachstumseinbußen von etwa 20 % in Höhe und Umfang!

Abbildung 2a und 2b: Zusammenhang zwischen dem Versiegelungsgrad und der Baumhöhe (a) bzw. dem Stammumfang (b) von Kasseler „Beuys-Eichen“ (n=172). Die schwarzen Linien (Regressionsgeraden) verdeutlichen das signifikante Messergebnis (p<0,05) (Gaertig und Schönemann 2015).

Kronenvitalität und Versiegelungsgrad

Zusätzlich durchgeführte Untersuchungen zur Kronenvitalität dieser Bäume nach ROLOFF (2001) zeigen, dass diese mit steigendem Versiegelungsgrad abnimmt (Abb. 3). Es wurde ersichtlich, dass für die Gehölze bei einem Versiegelungsgrad von etwa 40 % ein kritischer Punkt überschritten zu sein scheint.

Über die Hälfte der vitaleren Eichen (der Vitalitätsstufe 1) kamen auf Standorten vor, die weniger als 40 % versiegelt waren. Eichen mit erheblichen Kronenstrukturverlusten (der Vitalitätsstufe 2) wurden fast ausschließlich auf Standorten beobachtet, an denen die Kronenschirmfläche über 40 % versiegelt war.

Abbildung 3: Grafische Darstellung des Zusammenhangs zwischen dem Versiegelungsgrad der Kronenschirmfläche und der hiermit korrespondierenden Vitalitätsstufen der „Beuys-Eichen“ in Kassel (Gaertig und Schönemann 2015).

Bodenverformung als klassifizierbarer Parameter

Es bleibt die Frage, ab wann eine Bodenverformung für Bäume schädlich ist. Eine Störung des Bodens kann dann als Schaden bezeichnet werden, wenn sie in der Lage ist, die Vitalität und/oder die Verkehrssicherheit eines Baumes negativ zu beeinflussen.

Eine für den Baumeigentümer vertretbare Bodenverformung des Wurzelbereichs muss sich am Ziel orientieren, vitale und verkehrssichere Bäume zu erhalten. Die Erheblichkeit der Störung für den Baum ergibt sich dabei aus ihrer räumlichen und zeitlichen Ausdehnung, dass heißt der Fläche die sie in Anspruch nimmt und der Dauer, die zu ihrer Regeneration notwendig ist.

Aus Sicht der Autoren liegt eine schädliche Bodenverformung dann vor, wenn die Intensität und Ausdehnung der Verformung dazu führt, dass die für den Standort typische Entwicklung der Baumwurzeln gestört ist und der Baum dadurch Einbußen in Vitalität und Wachstum zu erleiden hat.

Auswirkungen auf die Praxis

Der Umgang mit diesen Schäden in der Praxis der Baumkontrolle ist dahingegen nicht einheitlich geregelt, da eine systematische Aufarbeitung dieses Themenkomplexes bisher nicht stattgefunden hat. Die Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL) sieht in den Baumkontrollrichtlinien (2010) vor, dass bei der Regelkontrolle von Bäumen zur Feststellung der Verkehrssicherheit auch Merkmale des Bodens aufgenommen werden. Neben einem Bodenauf- oder -abtrag sind die Bodenverdichtung und -versiegelung als verdächtiger Umstand zu erfassen.

Tatsächlich beschränkt sich die Baumkontrolle in der Praxis oftmals auf die oberirdischen Baumteile (Krone, Stamm und Stammfuß). Schadsymptome des Bodens werden mangels Kenntnis übersehen oder fehlerhaft bewertet.Aus der bislang begrenzten Betrachtungsweise ergeben sich unnötige Einschränkungen bei der Baumansprache. In der Folge sind die ausgesprochenen Empfehlungen oftmals nicht in der Lage zu einer Verbesserung der Baumvitalität beizutragen und somit die Verkehrssicherheit der Gehölze nachhaltig zu gewährleisten.

Ohne den Rückgriff auf die zahlreichen Parameter zur bodenkundlichen Beurteilung, die sich vielfach zur Einbindung in die gängige Praxis der Baumkontrolle eignen, bleibt somit ein großes Potenzial zur Bewertung der Verkehrssicherheit ungenutzt.

Arbeitskreis Baum im Boden

Der Arbeitskreis „Baum im Boden“ um den Initiator Jörn A. Benk hat sich im September 2016 gegründet. Es handelt sich dabei um einen interdisziplinär zusammengesetzten Zusammenschluss von Baum- und Bodensachverständigen. Ziel ist es, die Möglichkeiten und Grenzen zur Bewertung des Bodens im Rahmen der Baumansprache aufzuzeigen und angemessene Sanierungsmaßnahmen darzustellen.
Die Ergebnisse des Arbeitskreises sollen auch bei der Planung von Baumstandorten eine Hilfestellung leisten, um Boden bedingte Baumschäden bereits im Vorfeld zu erkennen und zu minimieren.

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Quellen:

  • Roloff, A. (2001) Baumkronen – Verständnis und praktische Bedeutung eines komplexen Naturphänomens Freeworker
  • Michael Marcotrigiano: Chimeras and Variegation: Patterns of Deceit, HortScience, Vol32(5), 1997, S. 773-784
  • FLL, Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (2006) ZTV-Baumpflege – Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege
  • Gaertig, T.; Schack-Kirchner, H.; Volkmann, J.; Wilpert, K. von (2000) Physikalische und chemische Bodeneigenschaften als prädisponierende Faktoren neuartiger Eichenschäden. In: Berichte Freiburger Forstliche Forschung 23
  • Gaeritg, T. und Schönemann, H.: (2015): Wachstum und Vitalität der „Beuys-Eichen“ in Kassel auf unterschiedlich versiegelten Standorten. In: DUJESIEFKEN, D. (Hrsg.): Jahrbuch der Baumpflege 2015. Haymarket Media, Braunschweig, 262-266
  • Hildebrand, E. E. (1986) Der Einfluss der Strukturschädigung von Feinlehmen auf die Wurzelentwicklung zweier Fichtenklone. Mitteilungen des Vereins für Forstliche Standortskunde und Forstpflanzenzüchtung 32, 50-56
  • Hildebrand, E. E.; Puls, C.; Gaertig, T.; Schack-Kirchner, H. (2000) Flächige Bodenverformung durch Befahren. Allgemeine Forst-Zeitschrift 55, 683-686
  • Schönemann, H. (2013) Vitalität und Wachstum der Beuys-Eichen in Kassel in Abhängigkeit von dem
    Versiegelungsgrad. Bachelorarbeit, HAWK, Fakultät Ressourcenmanagement
  • Saint-Exupéry, de (2007) Der kleine Prinz. 64. Auflage. Karl-Rauch-Verlag, Düsseldorf
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