Der Erziehungsschnitt

Von der Keimung bis zur zum altersbedingten Zerfall durchläuft ein Baum zahlreiche Wachstumsstadien. Je nach Baumart, Standort und Nährstoffangebot wachsen Bäume schneller oder langsamer, bilden gerade Stämme oder knorrige Strukturen aus. Damit passen sie sich den Lebensbedingungen ihrer Umgebung optimal an.

In der Natur bietet das die ideale Grundlage für bestes Wachstum am jeweiligen Standort. Für Bäume im Umfeld des Menschen gelten jedoch andere Regeln. Denn wir pflanzen Bäume für spezielle Zwecke an, welche die Bäume möglichst gut und lange erfüllen sollen. Der Erziehungsschnitt weist dem jungen Baum den Weg in die richtige Richtung und bildet daher die Basis für spätere Pflegeschnitte.

Bäume und ihre Berufe

Pflanzen Menschen Bäume, liegt dem meist ein Ziel zu Grunde. Straßenbäume sollen Straßen und Fußgängerwege kühlen und haben einen ästhetischen Wert. Obstbäume müssen so lang wie möglich reichlich hochwertiges Obst produzieren und Zierbäume in Gärten und Parks unterwerfen sich der gestalterischen und künstlerischen Ideen ihrer Besitzer. So unterschiedlich Bäume sind, so verschieden sind auch die Ansprüche, die wir an sie stellen. Je früher Baumpfleger*innen durch gezielte, vorsichtige Schnitttechniken eingreifen, desto wahrscheinlicher wird der Baum später seine Aufgabe gut und gesund erfüllen.

Funktion der Bäume

  • Straßenbaum: Kühlende Wirkung, hohe Krone, gerader Stamm
  • Parkplatzbaum: Breite, nicht zu hohe Krone; lichter Schatten
  • Stadtbaum: Gerader Stamm, schmale Krone die erst in 4,50m Höhe beginnt
  • Gartenbaum: Gleichmäßiger Kronenaufbau, einfache Pflege und geringe Höhe
  • Obstplantage: Zahlreiche, qualitativ hochwertige Früchte, keine Alternanz, kleine, leicht zu erntende Bäume

Zielsetzung für den Erziehungsschnitt

Als Erziehungsschnitt bezeichnen Baumpfleger*innen und andere Baum-Experten*innen alle Pflegemaßnahmen, die in der Baumjugend stattfinden. Sie sollen den Baum so formen, dass er später seine Aufgabe optimal erfüllt. Der Name ist also Programm – der Baum wird in eine bestimmte Richtung hin erzogen. Glückt dies in frühen Jahren, tauchen später weniger Probleme auf. Grund dafür ist vor allem die Dicke der Äste. Ist der Baum noch jung, sind Äste und Zweige noch dünn und biegsam.

Ein Schnitt verursacht nur kleine, schnell heilende Wunden. Entfernen Baumpfleger*innen denselben Ast einige Jahre später, ist die Schnittfläche bereits deutlich größer und der Baum hat Mühe, ihn zu verschließen. Je früher Fachleute also Schwachstellen oder störende Äste entdecken und entfernen, desto einfach ist es auch für den Baum. Gleichzeitig hilft der Erziehungsschnitt auch dem Baumpflege-Team. Denn der Baum ist noch klein und überschaubar und somit leicht zu pflegen. Wächst der Baum erst einmal heran, sind Eingriffe oft nur noch über Klettertechnik oder Hebebühneneinsatz möglich. Umso besser, wer in der Baumjugend bereits vorgesorgt hat. Sind Kronenaufbau und Form von klein auf heranerzogen, reichen im Alter oft einfache Maßnahmen zur Kronenpflege und Totholzentfernung aus.

Schnitt ist nicht gleich Schnitt!

Das mit dem Erziehungsschnitt hört sich super an – für Baumpfleger*innen ist das keine schwierige Sache. Sie finden auch, dass die richtige Baumpflege in die Hände von Profis gehört? Über die Suchfunktion des Baumpflegeportals finden Sie schnell solche Baumexperten*innen, die Ihnen beim richtigen Schnitt gerne weiterhelfen.

Ein gepflegter und gesunder Baum ist Ihre Investition in die Zukunft!

Erziehungsschnitt für Großbäume

Bäume wachsen auch ohne menschlichen Eingriff. Sie passen sich den Gegebenheiten an und sind damit ideal auf ihren Standort angepasst. Doch auch in der Natur gibt es problematische Astkonstellationen, die im Alter Probleme machen. Dazu zählen reibende Äste, konkurrierende Leittriebe oder Zwiesel.

Zwiesel sind Sonderformen der konkurrierenden Leittriebe. Dabei bilden sich zwei voneinander unabhängige Stämme aus. Wir unterscheiden V- und U-Zwiesel nach der Form und Beschaffenheit der Verzweigungsstelle. Gerade V- Zwiesel können durch die großen Scherkräfte bei Wind problematisch werden und ausreißen. Die Wunden sind oft sehr groß und der Baum verliert meist seine halbe Krone. Besser ist es daher, einen Teil des Zwiesels frühzeitig zu entfernen. Der Baum richtet sich dadurch bereits in jungen Jahren auf den verbleibenden Stamm ein und bildet eine gleichmäßige Krone.

Aneinander reibende Äste verursachen Wunden, die nicht heilen. Durch die Bewegungen der Äste im Wind berühren sich eng stehende oder sich kreuzende Äste. Die Scheuerstellen sind oft wie blank poliert und bieten ideale Eintrittspforten für Pilze und Bakterien. Erst, wenn einer der beiden Äste entfernt ist, kann die Wunde am verbleibenden Ast ausheilen. Je früher dies geschieht, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Pilze noch keine Schäden angerichtet haben.

Konkurrieren zwei gleich starke Triebe um den Titel des Haupttriebs, entsteht nicht selten eine zweigeteilte Krone. Jeder der Leittriebe bildet einen eigenen Teil der Kronenäste aus. Allerdings befinden sich zur Kronenmitte hin keine oder nur schwache Äste, da dort bereits die Äste des zweiten Leittriebes sitzen und der Wettbewerb um Licht besonders groß ist. Der Schwerpunkt beider Triebe zieht also nach außen. Bei Sturm kann es daher sogar bis zum Bruch eines Leittriebes kommen, der Schaden schwächt die Statik des ganzen Baums. Deswegen entfernen Baumpfleger*innen entfernen bereits so früh wie möglich den schwächeren oder weniger geeigneten Leittrieb. Der verbleibende Trieb bildet rund herum Kronenäste aus, die ihm ein gutes Gleichgewicht bescheren. Der Baum bewegt sich im Wind gleichmäßig und ist weniger bruchgefährdet.

Besonderheiten für Straßenbäume

Gerade im Siedlungs- und Straßenraum ist diese Individualität der Bäume jedoch nicht immer gewünscht. Eine knorrige, sich tief verzweigende Eiche nimmt viel Platz weg und würde an der Straße für Verkehrsteilnehmer zum Hindernis werden. Das Augenmerk für den Erziehungsschnitt bei Großbäumen an Straßen, in Parks oder entlang von Rad- und Gehwegen liegt daher auf dem Kronenansatz. Im Alter, wenn die Krone über die Straße ragt, darf der Kronenansatz erst in 4,50 m Höhe beginnen.

Somit haben LKWs genügend Platz auf der Straße, ohne an die überhängenden Äste zu stoßen. Diese verkehrsrechtliche Vorgabe heißt Lichtraumprofil – bei Fußwegen sind 2,50 m lichte Höhe gefordert. Die besondere Aufgabe der Erziehung von Straßenbäumen besteht deshalb darin, tief ansetzende Äste frühzeitig zu entfernen, um großen Schnittwunden vorzubeugen und die Krone nach und nach in die Höhe zu erziehen.

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Massenproduktion und starke Krone

Obstbäume haben eine Sonderrolle unter den Bäumen. Sie sind dafür gezüchtet, Nahrungsmittel zu produzieren. Im Laufe der Zeit entwickelten sich daher aus großen, stattlichen Streuobstbäumen kleine, aber ertragreiche Plantagenbäume. Ziel der Zucht lag auf hohen Ernteerträgen, gleichbleibender Qualität und einer einfachen Ernte. Der Erziehungsschnitt bei Obstbäumen unterstützt genau diese Aspekte.

Der kleine, frisch gepflanzte Apfelbaum muss bereits früh starke Schnittmaßnahmen in Kauf nehmen. Je nach Wuchsform – Hochstamm, Niedrigstamm, Streuobstbaum, Spalierbaum, Säulenbaum – legen Baumpfleger*innen Wert auf unterschiedliche Maßnahmen. Während beim Hoch- und Niedrigstamm ein Kronenaufbau aus drei bis vier gleichwertigen Gerüstästen nötig ist, freuen sich Baumpfleger*innen beim Spalierbaum über lange, dünne Neutriebe, die er an die waagerechten Hilfsdrähte binden kann. Ziel der Schnittmaßnahmen ist es, eine ideale Kronenform aufzubauen. Der Erziehungsschnitt wiederholt sich so lange, bis die Krone des Obstbaumes für einen reichen Ertrag geeignet ist. Erst, wenn die Krone fertig aufgebaut ist, beginnt die eigentliche Ertragsphase der Obstbäume. Ab jetzt verwenden sie einen großen Teil ihrer Energie für die Produktion von schmackhaften Früchten.

Bäume erziehen sich gegenseitig

Bäume wachsen auch ohne die Hilfe des Menschen. Sie gehen den Weg des geringsten Widerstandes und passen sich damit ihrer Umgebung ideal an. Ein Baum, der ohne menschliche Eingriffe wächst, genießt dennoch eine Erziehung. Steht er allein und sonnenexponiert, orientiert er sich an der Windstärke, der Nährstoffmenge und der Sonnenrichtung. Bäume an sehr stürmischen, unwirtlichen Standorten bleiben oft ihr ganzes Leben hindurch klein und passen sich von ihrer Kronenform den schroffen Winden an.

Im Wald hingegen übernehmen die alten Bäume die Erziehungsarbeit. Durch ihre schattenspendenden Kronen nehmen sie den kleinen Bäumen so viel Licht weg, dass diese nur langsam wachsen können. Das bewirkt, dass die Stämme der jungen Baumkinder fest und stabil werden. Erst, wenn ein Mutterbaum stirbt oder gefällt wird, streben alle kleinen Bäume gleichzeitig zum Licht. Ein Wettrennen um den besten Platz beginnt. Dadurch bilden sie gerade, oft astfreie Stämme aus, um auf dem kürzesten Weg ihre Blätter in die Sonne recken zu können. Es entstehen zahlreiche gleichmäßig gewachsene Jungbäume.

Die Autorin: Marina Winkler

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