
Die Linde in der Mythologie
Die Linde hat sich schon früh ins Leben der Menschen gestohlen. Zahlreiche Legenden ranken sich um den Baum und machen sie zum Inhalt vieler Lieder. Durch ihren schönen Wuchs, die herzförmigen Blätter und den wunderbaren Duft ihrer Blüten verbreitet die Linde ein Gefühl von Geborgenheit. Sie gilt durch ihre beruhigende Ausstrahlung als weise Ratgeberin. Die heilende Kraft ihrer Blüten macht sie zum Baum der mütterlichen Vorsorge, ihre herzförmigen Blätter gelten als Zeichen der Liebe und der Gerechtigkeit.
Die Linde als Liebesbaum
Durch die schöne Form des Lindenbaumes, sahen die Menschen in ihm schon früh den Baum der Liebe. Ihre weiche Rinde lädt dazu ein, die Anfangsbuchstaben der Liebenden auf ihr zu verewigen. Der Duft ihrer Blüten gilt als betörend und ist ein Zeichen der Fruchtbarkeit. In vielen Geschichten um verbotene Liebschaften treffen sich die Paare heimlich unter Linden. Mit ihren herzförmigen Blättern ist sie außerdem der Göttin Freija zugeordnet. Sie ist die Göttin der Liebe und Hüterin des Feuers und des Friedens.
Die Linde in der Gemeinde
Die Linde ist ein Sinnbild für die Gemeinschaft, der „Baum des Volkes“. Zahlreiche Ortsnamen haben die Linde als Ursprung. Als „Tanzbaum“ schmückt sie noch heute viele Dorfzentren und steht als Symbol oft an Stadttoren oder wichtigen Gebäuden. Da sie hervorragend als Einzelbaum gedeiht, wurde sie zu feierlichen Anlässen als Denkmal an besondere Orte gepflanzt. Der Linde wurde unter anderem nachgesagt, böse Geister und Dämonen vertreiben zu können. Ein Grund mehr, die Linde in die Dorfmitte zu holen.
Die Gerichtslinde
Als Baum der Freija wurde der Linde nachgesagt, sie könne die Wahrheit ans Licht bringen. Deshalb wurden unter ihrer Krone lange Zeit Gerichtsverhandlungen abgehalten. Die dort gesprochenen Urteile galten oft als unanfechtbar und wurden mit dem Spruch „judicum sub tilia“ urkundlich bezeichnet.
Die Gedenklinde
Als Ort der Zusammenkunft und der inneren Ruhe schmücken Linden zahlreiche Denkmäler und religiöse Stätten. Viele Kapellen und Wegkreuze sind noch heute von Linden umgeben. Alte Linden machen mit ihrer mächtigen Erscheinung einen ehrfürchtigen Eindruck. Die göttliche Größe in Kombination mit mütterlicher Fürsorge hat sie im Rahmen des christlichen Vormarsches zum Baum Marias werden lassen. So werden noch heute viele Kreuze und Statuen aus Lindenholz gearbeitet. Das weiche Holz ist einfach zu schnitzen und gilt deshalb als „lignum sacrum“, was so viel wie „heiliges Holz“ bedeutet. Doch auch mächtige Bäume säumen noch oft die Vorplätze von Kirchen und Kapellen.
Mythologie der Linde
Die Reiterleskapelle auf der Schwäbischen Alb ist von 350 Jahre alten Sommer-Linden umgeben. Sie wurden schon vor der Kapelle gepflanzt und dienten als Zeiglinden und Wegweiser.
Mythologie der Linde
Die schöne Gestalt der Linde in Kombination mit dem Duft ihrer Blüten machen sie zu einem beliebten Baum in Dörfern und an Wanderwegen.
Baum der Legenden
Schon im Nibelungenlied nimmt die Linde eine wichtige Rolle sein. Sie ist schuld am Tod von Siegfried. Beim Bad im Drachenblut, welches ihn unsterblich machen soll, fällt ihm ein Lindenblatt zwischen die Schulterblätter. Diese Stelle wird ihm später zum Verhängnis, da sie die einzig verwundbare ist. Ein Speer durchs Herz beendet deshalb vorzeitig sein Leben.
Die Linde in der Sprache
Das Wesen der Linde und ihre Nähe zum Alltag der Menschen schlägt sich auch in der Sprache nieder. Das Wort „subtil“ stammt von der Formulierung „judicium sub tilia“, Rechtsprechung unter der Linde. Im Duden ist das Wort folgendermaßen beschrieben: mit viel Feingefühl, mit großer Sorgfalt und Genauigkeit. Zurückzuführen ist diese Bedeutung auf das Feingefühl und die Sorgfalt einer Mutter, die über die Menschen wacht und Recht spricht.
Aus dem Wortstamm der Linde lassen sich noch weitere Wörter ableiten. Das Adjektiv „lind“ ist ein synonym für angenehm, mild oder sanft. Hier spiegelt sich wie auch in den Wörtern „Lindheit“ oder „lindern“ die Weiblichkeit der Linde wieder. Auch viele weibliche Vornamen haben die Linde als Wortstamm. Linda, Sieglinde, Gerlinde oder Rosalinde tragen den Baum im Namen und plädieren auf ihre sanfte und liebenswürdige Art.
Die Autorin: Marina Winkler
Ein Fall von „Küchenlatein“?
Sub tilia = unter der Linde ( oder doch eher: Sub tiliam?)
Der sprachliche Vorläufer des deutschen „subtil “ ist wohl eher das lateinische „“subtilis“ mit der gleichen Bedeutung. Ob darin dann eine Linde steckt?
Also empfiehlt sich wohl mehr sprachliche Feinfühligkeit