Die Heimat der Fichte

Unsere heimischen Wälder und Landschaften ohne Fichte? Ein eigenartiger Gedanke, ist sie doch die häufigste Baumart in Deutschland. Rund 25 Prozent der geschätzt 100 Milliarden Bäume in Deutschland sind statistisch gesehen Fichten. Fällt das Wort Wald, denken noch immer viele Menschen an Monokulturen aus Fichten.

Doch in Deutschland ist der Baum des Jahres 2017 nur in wenigen Gebieten wirklich heimisch. Die Heimat der Fichte ist daher gar nicht so pauschal definierbar. Ihre heutige Verbreitung ist das Resultat einer wechselhaften Geschichte und Nutzung unserer Wälder, verbunden mit den ausgezeichneten Wuchs- und Holzeigenschaften der Fichte.

Zuhause hoch im Norden oder auf den Gipfeln

Die Fichte ist eine Baumart der nordwestlichen borealen Wälder und der Mittel- und Hochgebirge Europas. Ihr Ausbreitungsgebiet erstreckt sich von Skandinavien über das Baltikum bis an die Grenze des Urals heran. Weiter südlich findet sich Picea Abies natürlicherweise in den Höhen der Mittel- und Hochgebirge (Beispielsweise: Alpen, Schwarzwald, Frankenwald, Fichtelgebirge, Erzgebirge, Bayerischer und Thüringer Wald).

Die Heimat der Fichte ist auf die kühlen und frischen Standorte, weit oben in den Bergen, begrenzt. Nur dort hat die Baumart eine Chance, sich auf natürlichem Wege gegen die Konkurrenz der Laubbäume zu behaupten.

In Mitteleuropa kommt die Fichte natürlich nur auf kühlen und frischen Standorten hoch im Gebirge vor.
Die Heimat der Fichte

Im Westen bilden in etwa die Alpen die Grenze der natürlichen Standorte für die Fichte. Weder auf der iberischen, noch auf den britischen Inseln ist sie zu Hause. Die südliche Grenze ist am Ende der Karpaten zu suchen. Einige Forstwissenschaftler sehen die Sibirische Fichte (Picea obovata) als eine Unterart der Gemeinen Fichte an. Unter dieser Annahme erweitert sich die Heimat der Fichte, beginnend von Finnland aus, über Sibirien bis an den Pazifik.

Die Fichte in Misch- und Reihenbeständen

In den skandinavischen und baltischen Gebieten bildet die Fichte zusammen mit Kiefern, Aspen und Birken die typischen Wälder der Taiga. Dagegen prägt sie in den europäischen Mittelgebirgen zusammen mit Weiß-Tanne und Buche die Bergmischwälder. Nur im Bereich über 1000 Höhenmetern kann die Fichte Reinbestände ausbilden. Dass die Baumart heute fernab ihres natürlichen Verbreitungsgebietes so stark auftritt, liegt unter anderem an ihren geringen Ansprüchen gegenüber dem Standort.

Ansprüche der Fichte an den Standort

Die Fichte ist frosthart und wächst bis an die Waldgrenze. Im Harz reicht die Heimat der Fichte bis auf 950 Höhenmeter, in den bayerischen Alpen bis 1.550 Meter und im Wallis bis über 2.200 Meter. Sie ist eine Halbschattenbaumart und gedeiht unter günstigen Bedingungen noch im Schatten der älteren Bäume. Wichtig ist ein gleichmäßiger Niederschlag ohne ausgeprägte Trockenphasen.

Der Boden sollte locker und mittel- bis tiefgründig sein. Die Fichte verträgt saure, wie auch alkalische Böden und bevorzugt frische Lehmböden. Bei der Nährstoffversorgung ist sie anspruchslos. Allerdings sind Staunässe und hochanstehendes Grundwasser gefährlich, da die Fichte nicht gerne nasse Füße bekommt. Sie bildet auf diesen Böden flache Wurzeln aus und ist hochgradig windwurfgefährdet.

Im Norden bildet die Fichte zusammen mit Aspen, Birken und Kiefern Mischbestände.
Die Heimat der Fichte

Fichten: schnelle Antwort auf geplünderte Wälder

Insbesondere ihre geringen Ansprüche an den Nährstoffgehalt der Böden begründen den Erfolg der letzten 300 Jahre. Nach der zweiten Welle von massiven Plünderungen der mitteleuropäischen Wälder, setzte im 17. Jahrhundert langsam eine Holznot ein. Erste Fürsten und Wissenschaftler fassten Pläne, die geschundenen Wälder aufzuforsten und den Holzeinschlag der Wälder auf die nachwachsende Holzmenge einzuschränken. Ganz unbemerkt prägten sie dabei vor 300 Jahren einen Begriff, der heute von zentraler Bedeutung ist: Nachhaltigkeit.

Die Förster der Zeit suchten eine Baumart, die schnell wuchs, hervorragendes Holz lieferte und anspruchslos war. In der genügsamen, geradwüchsigen Fichte fanden sie daher eine passende Antwort auf die Probleme ihrer Zeit. Die guten Erfahrungen mit ihr ließen sie schnell zur optimalen Baumart gegen Holznot erwachsen.

Die heutigen Monokulturen der Fichte haben ihren Urspung in den Plünderungen der Wälder vergangener Zeiten.
Die Heimat der Fichte

Auch nach den späteren kriegsbedingten Plünderungen und Reparationshieben war sie die Baumart der Wahl für Förster und Waldbesitzer. Erst mit dem einsetzenden Klimawandel und dem veränderten Verständnis von Nachhaltigkeit der vergangenen Jahrzehnte, entwickelte sich die Baumart zum Problem für die Forstwirtschaft. Zunehmende Trockenphasen und der forstwirtschaftliche Umschwung auf Mischwälder werden die Fichte in ihrer Bedeutung zurückdrängen. Trotz hitziger Diskussionen wird sie aber auch zukünftig eine Rolle in unserer Kulturlandschaft einnehmen, die über ihre natürliche Verbreitung hinaus reicht.

Der Autor: Jan Böhm

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