Die Zwiesel-Fastnacht – oder Gefahrenäste erkennen

Pappnasen und Narrenkappen haben Hochkonjunktur. So soll zum Fasching 2016 endlich mit der Narretei und allen Unklarheiten aufgeräumt werden: Auch Bäume haben ein Recht auf Umtriebigkeit. Deshalb nehmen wir das aus der Baumkontrollrichtlinie stammende Schadmerkmal „Vergabelung / Zwiesel“ gründlich unter die Lupe!

Wenn Sie aufällige Vergabelungen an Ihrem Baum entdecken und sich nicht sicher sind, ob sie eine Gefahr darstellen – dann finden Sie bei uns auf dem Baumpflegeportal fachkundige Hilfe! Geben Sie dafür einfach Ihre Postleitzahl in der Suche ein und schon finden Sie Baum-Profis ganz in Ihrer Nähe.

Vergabelungen *

Ein Stamm oder Ast kann sich in zwei oder mehrere Stämmlinge bzw. Äste aufteilen. Es können ein oder mehrere Haupttriebe vorhanden sein, aus denen wiederum zahlreiche Seitenäste oder Seitentriebe wachsen. Bäume benötigen Vergabelungen und Verzweigungen, um die Krone in immer kleinere Äste und Zweige aufzuteilen und mit Hilfe der Blätter das Licht in optimaler Weise nutzen zu können.

Ultimativer Aufruf zur Faschingszeit: Rettet die Vergabelungen. Erhaltet die Bäume! In der Hoffnung, dass alle Bäume auch weiterhin Vergabelungen haben! Keine GEN-Züchtungen! Ein Baum ohne Vergabelungen ist ein Marterpfahl!

Zwiesel *

Bei einem Zwiesel gabelt sich der Stamm oder ein Ast in zwei etwa gleich starke Stämmlinge oder Äste. Ein Zwiesel kann sich am Stamm oder in der Krone befinden. Mit dem Begriff Zwiesel wird keine Aussage zur Stabilität der Vergabelung getroffen. Ein Zwiesel kann völlig stabil sein.

Zwiesel-Fastnacht: Vergabelungen

Um Aussagen zur Stabilität von Zwieseln (oder Vergabelungen) zu treffen, können Zwiesel unterteilt werden in:

U-Zwiesel (U-Vergabelung) *

Eine Erscheinungsform des Zwiesels mit einer Vergabelung in U-Form: Beide Stammhälften sind fest miteinander verbunden, ohne dass Rinde eingewachsen ist. Sie wird auch als Zugzwiesel bezeichnet. Sie ist stabil und stellt normalerweise keine Gefahr für die Sicherheit dar. Ein Hinweis auf eine stabile Vergabelungsform ist auch die nach oben gehende Astrindenleiste.

Obwohl keinerlei Gefahr droht, hat sich die U-Vergabelung zur Fastnacht 2016 verkleidet:

Zwiesel-Fastnacht: „verkleideter“ U-Zwiesel

V-Zwiesel (V-Vergabelung)

Zwischen den spitzwinklig stehenden Stämmlingen oder Ästen ist nicht ausreichend Platz für das Dickenwachstum. Die Rinde zwischen den beiden Stämmlingen in der Vergabelung wird zunehmend zusammengedrückt und wächst ein. Da die eingewachsene Rinde wie ein Riss oder ein Fremdkörper wirkt, versucht der Baum, diese mit einer Rippe, Leiste oder einem Wulst zu überwallen. Sind diese Leisten oder Wülste stumpf, ist die Vergabelung noch stabil. Werden diese Wülste wie bei einer einen Riss überwallenden Leiste zunehmend spitznasig, nimmt die Stabilität ab.

Nicht jeder V-Zwiesel ist eine Gefahr, in den oberen Fotos werden die V-Zwiesel zunehmend bedenklich.

Zwiesel-Fastnacht: „verkleideter“ V-Zwiesel

Auch die V-Vergabelung hat sich zur Fastnacht 2016 verkleidet. Trotzdem hat sie es nicht geschafft, ihren Gefahrenzustand zu verbergen. Bei weiterer Rissbildung wird empfohlen, sofort Abstand einzuhalten und die Sache nüchtern zu entscheiden. Es scheint dringender Handlungsbedarf zu bestehen.

Bedenklicher Zwiesel

Nicht als Fastnachtsscherz verstanden werden darf diese spitz herausragende Nase beim Zwiesel: Es könnte kritisch werden. Im Fachjargon wird diese Nase meist als „Ohr“ bezeichnet. So ernüchternd es ist – es wäre korrekt, die Gefahr eines Ausbruchs mit dem Einbau von Kronensicherungen zu verringern.

Unbedenklicher Zwiesel

Als echter Faschingsscherz ist zu verstehen, wenn jemand bei einer völlig stabilen U-Vergabelung eine oder sogar zwei (!) Kronensicherungen aufzuschwatzen vermag. Daher unser Tipp zu Karneval: Ein solcher Rat ist ein übler Scherz und eine solch unnötige Tat sollte niemand auch noch in Geld bezahlen. Eine Handvoll Konfettis dürfte dafür genügen …

Ultimativer Aufruf zur Faschingszeit: Bei stabilen Vergabelungen und Zwieseln sind Konfettis günstiger als unnötige Kronensicherungen. Deshalb: Verschont die Bäume vor unnötigen Kronensicherungen. Lasst die Bäume „tanzen“! Rettet die Vergabelungen – erhaltet die Bäume! In der Hoffnung, dass alle Bäume auch weiterhin Vergabelungen haben! Keine GEN-Züchtungen! Ein Baum ohne Vergabelungen ist ein Marterpfahl.

Mit freundlichen Grüßen und dem obligatorischen (zweifachen) Zwiesel Helau!

 

* Quelle: Web Arbolex®

 

Der Autor: Peter Klug, Diplom-Forstwirt und ö.b.v. Sachverständiger (73087)