Die Esskastanie in der Mythologie
Um die Esskastanie ranken sich zahlreiche Mythen und Geschichten. Vor allem Hildegard von Bingen lobte ihre Eigenschaften und hatte zahlreiche Rezepte auf Lager. Bis ins alte Griechenland reichen die Wurzeln der Kastanie und noch heute erfreut sie sich großer Beliebtheit.
Namensherkunft
Die Esskastanie oder Edelkastanie trägt auch die Namen Kestenbaum, Keschde, Marone oder Keste. Im Englischen heißt sie „Sweet Chestnut“, was auf ihren süßen Geschmack hinweist. Auch der lateinische Name „Castanea sativa“ ist Programm, obwohl sich die Meinungen hier spalten. Sativa bedeutet im Lateinischen „gesät/gepflanzt“. Die Bezeichnung deutet darauf hin, dass die Esskastanie schon früh kultiviert wurde. Doch auch die Übersetzung „sättigend“ findet sich im Netz.
Feste rund um die Esskastanie
Die Reifemonate der Esskastanie laden vielerorts zu Festen ein. Gerade in Griechenland sind Oktober und November Maronen-Monate. Wie zum Beispiel in dem kleinen Ort Elo auf Kreta dessen Einwohner jährlich im Oktober das Esskastanien-Fest feiern. Auch in europäischen Weinanbaugebieten halten die Kastanien-Feste Einzug. „Keschde-Feste“ oder Kastanienmärkte zeigen die Vielfalt der schmackhaften Früchte.
Kastanie der Griechen und Römer
Bereits im alten Griechenland schmückten Esskastanien viele Anwesen. Die Baumart war dem Gott Zeus geweiht und galt als „Eichel des Zeus“. Der hohe Status der Pflanze in der Antike rührte von ihrem festen Platz in der Heilkunde und der Ernährung her. Die Römer schätzten die Esskastanie und bauten sie gezielt an. Die Sage um die keusche Nymphe Nea rankt sich seither um die Edelkastanie.
Die keusche Nea
Jupiter wollte die Nymphe Nea verführen. Doch diese stürzte sich lieber in den Selbstmord. Aus Trauer und Reue verwandelte der Gott den toten Körper in einen großen, anmutigen Baum. Er erhielt den Namen Casta-Nea, was so viel wie „die keusche Nea“ bedeutete.
Hauptnahrungsmittel auf Korsika
Zahlreiche Mittelmeerinseln waren in früheren Zeiten auf die Esskastanien angewiesen. Es war lange Hauptnahrungsmittel mit einer Vielzahl an Zubereitungsmethoden. Gerade Korsika gilt als Insel der Esskastanie. Früher fast gänzlich von Kastanienhainen bedeckt, macht den Bäumen heute die Kastanien-Gallwespe zu schaffen. Dennoch ist die Insel noch immer eine Hochburg für Kastanienbäume. Besonders eindrucksvoll ist es dort im Herbst, wenn die Esskastanien reifen. Im Hauptanbaugebiet der Insel „La Castagniccia“ wächst auf 500 bis 1000 Metern Seehöhe ein dichter Wald der Bäume. Im Gegensatz zu Getreide gedeihen diese sehr gut auf den den dünnen, sauren Kieselböden. Manche stehen dort seit 500 Jahren und sind mehr als 30 Meter hoch.
Die Esskastanie wird deshalb als „Brot der Korsen“ bezeichnet. Das leicht gelbliche Kastanienmehl eignet sich gut für die Herstellung von Brot, Gebäck und Polenta. Mit dem korsischen „Pietra“ gibt es sogar ein Kastanien-Bier. Es wird aus Wasser, Malz und grob gemahlenen Kastanien gebraut. Berühmt ist ebenfalls die „Crème de marrons“, ein schmackhaftes Dessert.
Der Brotbaum der Korsen hielt sogar in die Traditionen der Insel Einzug. Die Kastanie gilt als zukunftsweisendes Orakel. Lässt ein junges Mädchen auf Korsika die Esskastanien anbrennen, bedeutet dies, dass sie später eine schlechte Hausfrau wird. Kein Wunder, dass Kinder früh lernen, die Kastanien richtig zu rösten und zu kochen.
Redensarten
Die Edelkastanie oder vielmehr ihre Zubereitung hielt Einzug in den Sprachgebrauch. Otto von Bismarck prägte das Sprichwort „für jemanden die Kastanien aus dem Feuer holen“. Er bezog sich auf seine politische Strategie, bei der er gerne anderen die Arbeit überließ.
Esskastanien am Ätna
Eine der bekanntesten Esskastanien ist die Kastanie der hundert Pferde am Osthang des Vulkans Ätna. Der Baum hat einen Stammumfang von 22 Metern und ist genauso hoch. Seit einem vernichtenden Feuer ist er in drei Teilstämme aufgeteilt. Heute ist nicht ganz klar, ob es sich tatsächlich um einen einzigen Baum handelt. Verschiedene Baumexperten untersuchten den uralten Baum und schätzen sein Alter zwischen 2000 und 4000 Jahre.
Kastanie der hundert Pferde
Eine Legende erzählt, dass auf einer Jagd der Königin plötzlich ein Gewitter ausbrach. Schutz suchend zog sie sich mit ihrem Gefolge von einhundert Reitern unter den Baum zurück. Ob die Geschichte wahr ist oder nicht, der Name der Edelkastanie jedenfalls ist geblieben.
Im Guinness Buch der Rekorde ist die Kastanie der hundert Pferde als der Baum mit dem dicksten Umfang verzeichnet. Gemessen wurde zwischen 1770 und 1780. Damals erreichte die Esskastanie einen sagenhaften Umfang von fast 58 Metern. Heute ist der Stamm in drei Teile geteilt.
Nebenan steht eine weitere Edelkastanie mit einem Umfang von 20 Metern und 19 Metern Höhe. Dieser Baum trägt den Namen „Kastanienbaum des Schiffes“ und wurde als einer der ersten Bäume unter Schutz gestellt.
Symbolik im Christentum
Die Frucht der Edelkastanie birgt in ihrem Inneren, eingehüllt von Stacheln, etwas Kostbares. Im Christentum galt sie daher als Symbol für die Keuschheit und unbefleckte Empfängnis Marias. Zudem treibt die Edelkastanie auch nach radikalen Rückschnitten wieder neu aus, was sie zum Zeichen der Auferstehung machte.
Eine Frucht mit Tradition
Ab Herbst und später auf vielen der zahllosen Weihnachtsmärkte vebreiten die Esskastanienstände ihren verführerischen Duft. Gönnen Sie sich eine Tüte der gesunden, schmackhaften Früchte. Das nussige, leicht süßliche Aroma der Kastanien schmeichelt dem Gaumen und die Tüte mit den heißen Früchten wärmt die Hände an kalten Tagen.
Die Autorin: Marina Winkler
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Quellen:
- Doris Laudert: Mythos Baum, blv Verlagsgesellschaft mbH, 2004
erhältlich bei Freeworker - Franz Schmidt: Die keusche Frucht: Kastanien-Geschichten und Kastanien-Rezepte, höma Verlag
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